5000 Privatpersonen, 50 Verbände und die hessische Landesregierung hatten Einspruch erhoben. Darüber hätte bald verhandelt werden müssen.

Es sind zweieinhalb Zeilen, die Bauern, Umweltschützer und Verbraucher jubeln lassen: Mit knappen Worten hat das US-Unternehmen Newsham Choice Genetics dem Europäischen Patentamt (EPA) in München mitgeteilt, dass es kein Interesse mehr an dem Patent EP 1651777 habe. Damit ist das umstrittene europäische Schweinezucht-Patent vom Tisch, gegen das mehr als 50 Verbände, 5000 Privatpersonen und die hessische Landesregierung Einspruch erhoben hatten.

Im Kern des Patentes ging es um einen Gentest, mit dem bei den Tieren das so genannte Leptin-Rezeptor-Gen festgestellt werden kann. Dieses bestimmt vor allem die Gewichtszunahme und das Wachstum der Tiere und ist damit maßgeblich, um die Zucht von besonders ertragreichen Schweinen zu steigern. Der Agrarkonzern Monsanto hatte das Patent 2004 angemeldet, jedoch 2007 an die mit ihm kooperierende Firma Newsham Choice Genetics verkauft, nachdem es zu heftigen Protesten in den USA gekommen war.

Im Juli 2008 war das europäische Patent erteilt worden. "Kurz vor Ablauf der Neunmonatsfrist wurden dann im April 2009 die Einsprüche eingereicht", sagt EPA-Sprecher Rainer Osterwalder. Damit sei ein formelles Einspruchsverfahren angestrengt worden, bei dem es aber noch nicht zu einer mündlichen Verhandlung gekommen sei.

Das Schweinezucht-Patent sei nur stark eingeschränkt erteilt worden, so Osterwalder: "In der Original-Einreichung waren 30 Ansprüche enthalten, von denen wir nur acht zugelassen haben." Die anderen Punkte hätten gegen die Patentordnung verstoßen. Zum Beispiel sollte die Genfrequenz geschützt werden Osterwalder: "Die war jedoch schon vorher bekannt, und vorbekanntes Wissen kann man nicht patentieren lassen." Die Patentlaufzeit hätte vom Zeitpunkt der Einreichung (2005) 20 Jahre betragen.

"Die Rücknahme ist ein wichtiger Erfolg für Verbraucher und Landwirte in Europa", sagte der Patent-Berater von Greenpeace, Christoph Then, am Freitag. Gegner des umstrittenen Patents hatten sich unter anderem dagegen gewandt, dass das Patent auf der Nutzung von Erbanlagen basiere, die bei allen europäischen Schweinerassen vorkommen. Auch die nachgezüchteten Schweine und ihre Nachkommen könnten dann unter die Reichweite des Patents fallen.

Then erneuerte die Forderung von Entwicklungs- und Umweltorganisationen nach einem Verbot der Patentierung von Genen und Lebewesen, Saatgut und Tieren. Er forderte die Bundesregierung auf, dem im Koalitionsvertrag beschlossenen Verbot von Patenten auf Nutztiere und -pflanzen gesetzliche Regelungen folgen zu lassen. "Das Problem ist noch nicht vom Tisch. Es werden immer neue Patente auf Tiere, Pflanzen und Lebensmittel angemeldet und genehmigt", sagt Then. Bereits nächste Woche will eine internationale Koalition, die von Greenpeace mit begründet wurde, neue Zahlen über aktuelle Patentanmeldungen veröffentlichen.

Rund 140 000 Patentanmeldungen werden im Jahr bei EPA eingereicht, so Osterwalder. Davon beträfen rund 60 Tiere und etwa 200 Pflanzen. Osterwalder: "Der Hintergrund ist bei der überwiegenden Anzahl der Fälle die medizinische Forschung, weniger die Landwirtschaft." Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) forderte vor dem Hintergrund der Patent-Rückgabe: "Landwirtschaftliche Nutzpflanzen und -tiere müssen von einer Patentierung ausgeschlossen bleiben."

Warum Newsham Choice Genetics das Patent fallen gelassen hat, bleibt unklar. "Oft sind es strategische Überlegungen, die zu solchen Entscheidungen führen", sagt Osterwalder. Das Unternehmen habe dem Patentamt lediglich mitgeteilt, dass es die im Juli 2008 genehmigte Form nicht akzeptiere.