Das Ehepaar N. betreut die alzheimerkranke Mutter von Frau N. Ihr Mann ist mittlerweile als freiwilliger Helfer in der Betreuung Demenzkranker tätig. Hier sein Erfahrungsbericht: Zuerst hatte unsere Oma Wortfindungsstörungen. Dann klappte der Umgang mit Telefon und Fernbedienung nicht mehr so recht. Ende 1997 bestätigte der Arzt: Verdacht auf Alzheimer. Die Therapie mit einem Alzheimer-Medikament lief gut. Sie konnte die Tabletten allein einnehmen und lebte in ihrer Wohnung. Wir organisierten für unseren Urlaub einen Pflegedienst. Doch leider lief nicht alles gut. Omi hatte tagelang depressiv im Bett gelegen und am Telefon Wohlergehen vorgespielt. Sie zog um; in unserem Haus konnten wir sie besser betreuen. Vormittags vorsichtig beobachten, ob beim Aufstehen, im Bad und mit dem Anziehen alles klappt. "Na, soll ich dich kämmen?" Den Versuch wehrte sie mit dem Arm ab. Omi versuchte verzweifelt, ihre Hosen verkehrt herum anzuziehen. Hier war Eingreifen nötig. Das wurde akzeptiert, aber ich merkte, dass es ihr unangenehm war. Die verkehrt zugeknöpfte Bluse musste daher so bleiben. Wir waren ja unter uns. Möglichst das Reizwort "müssen" vermeiden, das doch manchmal rausrutschte. "Du musst aber ein bisschen essen, du musst etwas trinken!" löste Protest aus: "Ich muss gar nichts!" "Nein, diese Tabletten nehme ich nicht. Die hab ich gestern schon genommen, da haben sie auch nicht geholfen!" oder "Wollt ihr mich vergiften?" Also 20 Minuten warten und einen neuen Versuch starten. Omi wollte weg. "Bringt mich doch dahin, wo noch andere sind so wie ich!" Die Aktion, ein Heim auszusuchen, löste Hochstimmung aus. Sie glaubte, ihre Tochter würde mit ins Heim ziehen. Die Enttäuschung war groß. Starke Unruhe setzte ein. Manchmal wurde die Nacht zum Tage, die Schränke der Mitbewohner wurden leer gemacht. Heute lebt Omi in einem schönen Heim vor den Toren Hamburgs in einer kleinen Gruppe gleichartig Betroffener. Sie wird liebevoll betreut. Sprechen kann sie so gut wie nicht mehr, laufen kaum noch. Über Kopfhörer haben wir ihr ihre Lieblings-CD vorgespielt. Erstauntes Erkennen: Der Mund spitzte sich zum Mitpfeifen. Bei ihrem Lieblingsstück rollten die Tränen.