Astronomie: Der Einschlag eines Asteroiden gab dem Erdtrabanten sein typisches “Gesicht“. Vollmond über Hamburg. Fast scheint er durch eines der blauen WM-Tore über den Dächern zu wandern. Und was ist mit dem Mann im Mond?

Hamburg. Punkt, Punkt, Komma, Strich - von jeher sehen die Menschen in der leuchtenden Scheibe des Voll-monds das Gesicht eines Mannes. Ein von Gott dorthin verbannter Dieb, ein verirrter Junge, ein sich versteckender Liebhaber. Bei fast jedem Volk der Erde gibt es eine Sage über den Mann im Mond. Große dunkle Flecken auf der Mondscheibe bilden Augen, Nase und Mund seines Gesichts.

"Mare" - Latein für Meer - taufte William Gilbert, Leibarzt der englischen Königin Elizabeth I., diese Flecken, als er im 16. Jahrhundert erstmals eine Karte des Mondes zeichnete. Denn damals nahmen die Menschen an, es handele sich um Ozeane. Doch wenige Jahre später zeigten erste Beobachtungen mit dem neu erfundenen Fernrohr den Mond als kraterübersäten, wasserlosen Himmelskörper.

Heute wissen wir, daß es sich bei den vermeintlichen Mondozeanen um große Ebenen aus kalter Lava handelt. Und ein Team amerikanischer Forscher fand heraus, wie der "Mann im Mond" einst entstand: Vor etwa vier Milliarden Jahren hat ein großer Asteroid den Mond gerammt und dabei dessen gesamte Oberfläche verändert. Der Himmelskörper krachte demnach auf der erdabgewandten Seite in den Mond. Der Mond zeigt der Erde stets die gleiche Seite. So wie der Mond auf der Erde Flutberge erzeugt, sorgt auch die Erde auf dem Mond für Gezeiten: Sie verformt den Mond ein wenig. Diese Gezeiten wirken wie eine Bremse und haben die Drehung des Mondes so weit verlangsamt, daß sie heute exakt mit seiner Umlaufzeit um die Erde übereinstimmt.

Als sowjetische Mondsonden in den 1960er Jahren erstmals Bilder von der Mondrückseite zur Erde funkten, waren die Wissenschaftler überrascht: Dort gab es keine Mare, die erdabgewandte Seite des Mondes ist nahezu gleichmäßig mit Kratern übersät. Die neuen Messungen der amerikanischen Wissenschaftler liefern nun eine Erklärung für diesen bislang rätselhaften Unterschied. Der vor vier Milliarden Jahren eingeschlagene Asteroid schlug eine große Delle in die Mondrückseite. Zugleich löste der Einschlag eine gewaltige Schockwelle aus, die den Erdtrabanten durchquerte und auf der erdzugewandten Seite zu einer Ausbeulung führte. Dabei zerriß die Mondkruste, gewaltige Mengen an Magma quollen heraus und führten zur Entstehung der Mare und des Mondgesichts.

Aber auch wenn der Mann im Mond damit erklärt ist - die Faszination des hell strahlenden Vollmonds am dunklen Nachthimmel bleibt. Alte Sagen ranken sich um den Mond ebenso wie moderne Mythen: Bei Vollmond passieren mehr Verbrechen, bei Vollmond schläft man schlecht, bei Vollmond kommen mehr Babys zur Welt. Doch wissenschaftliche Studien belegen, daß diese Aussagen genauso jeder Grundlage entbehren wie der frühere Volksglaube, bei Vollmond würden Menschen zu Werwölfen.

Als "selektive Wahrnehmung" bezeichnen Forscher solche vermeintlichen Zusammenhänge. Denn wenn wir nachts aufwachen, und der Mond steht hell am Himmel, stellen wir fest: "Ah, Vollmond" und schlafen vielleicht schlechter wieder ein. Steht kein Mond am Himmel, machen wir uns keine Gedanken. So hinterläßt das Erwachen bei Vollmond Spuren im Gedächtnis.

Ähnlich mag es auch Hebammen gehen, die sich an Vollmondnächte mit vielen Geburten besser erinnern als an mondlose, ebenso betriebsame Nächte. Auch die Hebammenweisheit, daß der Monatszyklus der Frau mit dem Mondzyklus übereinstimmt, ist ein Irrtum: Von Vollmond zu Vollmond vergehen 29,5 und nicht 28 Tage.

Trotzdem beeinflußt der Mond unser Leben - vielleicht würde es ohne den Mond nicht einmal intelligentes Leben auf der Erde geben. Denn der Mond ist für einen Planetenbegleiter ungewöhnlich groß. Die Astronomen sehen im System Erde-Mond deshalb auch eine Art Doppel-Planeten.

Entstanden ist dieser Doppel-Planet vor 4,5 Milliarden Jahren durch eine kosmische Katastrophe: Ein etwa marsgroßer Himmelskörper stieß mit der jungen Erde zusammen. Aus den Trümmern des Zusammenpralls - dem völlig zerstörten kleineren Planeten und ausgeworfener Erdkruste bildete sich der Mond.

Und nur weil dieser Mond so groß ist, verursacht er auf der Erde starke Gezeiten. Viele Forscher glauben, daß es Regionen ähnlich dem norddeutschen Wattenmeer waren, in denen erstmals Tiere das Wasser verließen und das Land eroberten, angetrieben vom ständigen Wechsel der Gezeiten. Und erst die Anpassung an das Leben auf dem Land hat Säugetiere mit hochentwickeltem Gehirn hervorgebracht - und schließlich den Menschen.