Bentleys Markenzeichen sind komfortable Reisewagen mit viel Kraft. Jetzt legt die britische Marke ein Coupé auf, das jede vornehme Zurückhaltung aufgibt. Für 100.000 Euro – Aufpreis.

Ein Heckspoiler aus Carbon, Luftkanäle auf der Motorhaube und dazu Fahrleistungen, die sich sehen lassen können: 304 km/h sind Spitze, nach 3,7 Sekunden fällt im Sprint die 100er-Marke. Wer jetzt an einen radikal reduzierten Rundstreckenrenner mit engen Carbonschalen und blanken Blechen im Innenraum denkt, der hat Bentley nicht auf dem Zettel.

Auch beim Sport schätzt die britische Nobelmarke, ansonsten eher bekannt für klassische GTs, also komfortable Grand Tourer für die Reise, das Edle. Obwohl der Continentel GT3-R die Brücke schlagen soll zu jenem GT3, der gerade ordentlich die FIA-Langstreckenweltmeisterschaft durcheinanderwirbelt, verzichten die Briten nicht auf manches Luxusdetail.

So bekommt der Fahrer den Gurt wie im normalen GT elektrisch angereicht, und auf die Klimatisierung der Sitze verzichtete man ebenso wenig wie auf Vertäfelungen im Cockpit, die im GT3-R allerdings in Carbon statt Wurzelholz ausgearbeitet sind. Die im Straßenrenner stärker ausgeformten Sitz sind mit gestepptem Leder bezogen.

Trotz Diät ein Schwergewicht

Doch irgendwie musste man das Gewicht des Ablegers für mehr Rasanz senken. Die Ingenieure um Entwicklungschef Rolf Frech holten zwar schon einmal etwas mehr Leistung aus dem V8-Motor, um die Kraft aber möglichst gut auf die Straße zu bringen, machten die Briten beim Komfort ab der B-Säule doch ein paar Kompromisse.

So fehlen die Fondsitze. Wo bislang ein Ledersofa montiert war, gibt es jetzt nur noch schwarzen Teppich. Dadurch sinkt das Gewicht gegenüber dem Serienauto immerhin um 100 Kilogramm, wenngleich es mit 2,2 Tonnen immer noch weit über den 1300 Kilo des Rennwagens bleibt.

Und überhaupt ist die hintere Sitzreihe in dem GT3-R überflüssig. Denn dort will keiner mehr sitzen, wenn der Fahrer Blut geleckt hat. Denn obwohl die Luftfederung in der Komfortstellung noch immer wolkig weich programmiert ist, die achtstufige Automatik die Gänge wie von Geisterhand wechselt und vom Motor nur ein dumpfes, fernes Grollen zu hören ist, kann der GT3-R auch anders.

Für 15 Sekunden im Overboost

Man muss den riesigen Schaltknüppel nur auf „S“ ziehen, das Fahrwerk auf Sport stellen und den rechten Fuß ein bisschen tiefer in den Teppich senken, und schon wird der Bentley zum Biest.

Der vier Liter große Achtzylinder mit Biturbo wechselt jenseits von 4000 Touren merklich die Tonlage, klingt wild und wütend. Mit der Verve von 580 PS und 700 Newtonmetern (Nm) Drehmoment (im Overboost für 15 Sekunden sogar 600 PS und 750 Nm) wirft sich das Prunkschiff dem Horizont entgegen. Schneller als jeder andere Straßen-Bentley vor ihm sei er, sagen die Briten.

Bis die Tachonadel über die 200er-Marke wischt, vergehen nur ein paar Wimpernschläge, und selbst danach beschleunigt er so mühelos weiter, dass man ihm die 304 km/h Spitzentempo unbesehen abnimmt. Die Straßenlage ist verbindlich, die Lenkung überraschend präzise für ein so schweres Auto, der Allradantrieb verteilt die Drehmomente schnell. Nur 300 Mal soll der GT3-R gebaut werden.

Allerdings hat die Exklusivität des weitgehend von Hand gefertigten Coupés ihren Preis: Der normale Continental GT steht als V8S mit 184.450 Euro in der Liste, für das Sondermodell schlägt Bentley 100.000 Euro auf und kommuniziert einen Grundpreis von 282.625 Euro.

Ziemlich viel Geld für ein Auto, das nur 52 PS und 20 Nm mehr als der stärkste normale GT sowie ein kürzer gestuftes Getriebe und ein strammeres Setup vorzuweisen hat und zudem ein eher markenuntypisches Renntrimm trägt. Doch der Unterschied zum als großen Gleiter konzipierten Ausgangfahrzeug ist deutlich zu spüren. Dieser Bentley verleitet den Fahrer zum Gasgeben. Manche mögen so etwas.