Hamburg. Langstrecken sind nicht das Metier des E-308. Normwerte, On-Board-Prognosen und echter Verbrauch weichen stark voneinander ab.

Die Strecke von Hamburg bis Berlin (280 Kilometer) sollte eigentlich eine Entfernung darstellen, die man sich mit einem Elektroauto ohne Lade-Stopp zutraut. Jedenfalls dann, wenn in den Papieren eine Reichweite nach WLTP-Norm von 395 bis 409 Kilometern vermerkt ist. Und wenn man sich vornimmt, es gemütlich anzugehen und niemals die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h zu überschreiten.

Elektrischer Peugeot 308: Nach Berlin nicht ohne Ladestopp

Doch wieder einmal zeigt sich, diesmal bei einer Testfahrt mit dem 115 kW/156 PS starken Peugeot E-308, dass zwischen Anspruch und Wirklichkeit in der Welt der Elektromobilität nach wie vor Welten liegen und dass Temperaturen um 10 Grad oder weniger der Reichweite nicht zuträglich sind. Schon kurz hinter der Stadtgrenze beginnt die prognostizierte Akku-Kapazität im Display arg zu schrumpfen, eine fast einstündige Currywurst-Pommes-Pause inklusive „Schnellladung“ nahe Neustadt-Glewe ist folglich unabdingbar und wird auch drei Tage später auf der Rückfahrt mit eingeplant.

Der Akku liefert 54 kWh, wenn er voll aufgeladen ist

Wenn im Datenblatt steht, dass der Akku 54 kWh liefert und der durchschnittliche Verbrauch 15,1 bis 15,7 kWh pro 100 Kilometer beträgt, hätte der „Saft“ eigentlich reichen müssen. Doch solche Werte, E-Auto-Fahrer wissen das längst, lassen sich auf Fernstrecken eigentlich nie realisieren, sie stimmen höchstens im Stadtverkehr. Wer auf der Autobahn halbwegs mitschwimmen will, ohne zu rasen, der ist mit mindestens 22 bis 25 kWh pro 100 Kilometer unterwegs – und wird trotzdem noch von fast jedem mickrigen Benziner abgehängt, selbst ohne Ladestopp.

Peugeot E-308: Typisch sind das kleine Lenkrad und das zentrale Display mit „i-Toggles“.
Peugeot E-308: Typisch sind das kleine Lenkrad und das zentrale Display mit „i-Toggles“. © Werkfoto | Peugeot

Zwar schafft der vollelektrische Peugeot 308 in der Spitze 170 km/h, doch quittiert der E-Antrieb dies mit einem exorbitanten Stromverbrauch (über 30 kWh/100 km). Angesichts von Ladekosten an Schnellladern von 79 Cent pro kWh ist das also nicht nur reichweitenverkürzend, sondern auch teuer.

Das erste Zwischenfazit lautet also: Wer oft lange Strecken fährt, wird mit diesem Auto vermutlich keinen Spaß haben. Doch wie sieht es in der Stadt aus oder bei typischem Pendlerverkehr?

Hier entpuppt sich der Peugeot durchaus als gefälliges Auto. Und als ein vernünftiges. Denn wo andere PS-Orgien bieten, beschränkt sich Peugeot auf eine normale, aber mehr als ausreichende Leistung. 9,8 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 entsprechen einem Standard-Verbrenner und genügen den meisten vollauf. Zum Vergleich: Ein elektrischer Volvo EX30 schafft das je nach Konfiguration in 3,6 bis 5,7 Sekunden, was Sportwagen-Werte sind.

In der Stadt weiß der Peugeot E-308 eher zu überzeugen

Der Fahrkomfort ist für einen Kompakten erstklassig, da gibt es nichts zu meckern. Eine Besonderheit von Peugeot-Modellen ist aber das winzige Lenkrad, das ein wenig an die Formel 1 erinnert. Erstaunlicherweise gewöhnt man sich recht schnell daran. Jedenfalls schneller als an das Bedienkonzept im restlichen Cockpit, das mit einer Kombination aus 10-Zoll-Touchscreen und einer darunter angeordneten Reihe mit berührungsempfindlichen Tasten (von Peugeot „i-Toogles“ genannt) aufwartet. Hier kann man sich seine am häufigsten genutzten Einstelloptionen „auf Taste“ legen.

Nur 7,4 kW bei Laden mit On-Board-Charger möglich

Ein tatsächliches Manko ist, dass der On-Board-Charger nur 7,4 kW von Standard-Ladesäulen bezieht. Das ist zu wenig, um einen weitgehend leergefahrenen Akku an einer solchen Säule innerhalb der erlaubten drei Stunden aufzuladen. Also bleibt auch in der Stadt öfters nur der Weg zum Schnelllader. Und da überrascht uns der 308 ein weiteres Mal, diesmal allerdings durch seine Weigerung, nach dem Ladevorgang wieder zu starten.

Eine schnelle Recherche im Internet ergibt, dass dieses Problem im Stellantis-Konzern (so heißt die Holding von Peugeot, Fiat, Opel, Jeep und Co.) durchaus häufiger vorkommt. Und auch der im Web gefundene Tipp, einfach mal 20 Minuten abzuwarten, hilft. Das Auto startet plötzlich wieder problemlos. Eine vertrauensbildende Maßnahme für Langstrecken ist dieser Vorfall, der sich im Testzeitraum zum Glück kein zweites Mal ereignet, allerdings nicht.

E-308: Gemischtes Fazit nach dem Losfahr-Streik

So bleibt unter dem Strich ein gemischtes Fazit: Der an sich durchaus angenehm zu fahrende vollelektrische 308 hat Schwächen beim Laden und in der Reichweite. Und er ist schlicht zu teuer, wenn man sieht, was andere inzwischen bieten und was im Vergleich Verbrenner mit ähnlicher Performance kosten. Hier wird spannend sein zu sehen, ob Peugeot irgendwann die Preise etwas absenkt und zugleich für mehr Reichweite sorgt, etwa durch einen größeren Akku.

Peugeot E-308: Die Bewertung im Detail:

Fahrverhalten: +++++- (5/6)

Angenehm geschmeidige Kraftentfaltung, guter Komfort

Leistung: ++++-- (4/6)

Mehr als 115 kW/150 PS braucht ein Kompakter nicht. Höchstgeschwindigkeit bei 170 km/h abgeregelt

Verbrauch/Laden:+++--- (3/6)

Im Mix kann man mit 16 bis 17 kWh/100 Kilometer auskommen, bei Tempo 130 schmilzt die Akkureserve rasant. Akzeptable Ladeleistung.

Preis: ++---- (2/6)

Für das Gebotene der der E-308 (Grundpreis 47.440 Euro, Testwagenpreis 51.540 Euro) leider zu teuer.