Der Stromer im Praxistest – ein Auto, das mit Elektroantrieb und futuristischem Design in die Zukunft weist. Wenn beim BMW i3 nur nicht die Kosten wären.

Seit die Spritpreise an den Tankstellen stark gesunken sind, redet kaum noch jemand über Elektroautos und ihre angeblich so niedrigen Energiekosten. Ob VW E-Golf, Renault ZOE oder Nisssan Leaf: Was soll man heute mit einem E-Mobil anfangen, wenn doch ein vergleichbarer konventionell betriebener Diesel im Unterhalt zurzeit kaum mehr kostet und in der Anschaffung immer noch viel billiger ist?

Selbst die Politik mit ihrem Wunschziel, im Jahr 2020 rund eine Millionen Stromer auf deutschen Straßen sehen zu wollen, mag nicht helfen. Sie müsste – wie in anderen Ländern – mit dramatischen Subventionen locken, um auch kühle Rechner zu überzeugen. Und das ist nicht in Sicht, lediglich Befreiungen von der Kfz-Steuer gab es bislang. 2014 wurden in Deutschland deshalb nur 8522 E-Autos neu zugelassen, insgesamt liegt ihr Bestand bei rund 24.000.

Für 100 Kilometer realistisch gerechnet?

Ökonomisch betrachtet, so viel ist klar, fällt die Entscheidung bei Elektroautos derzeit eindeutig aus: So etwas rechnet sich (noch) nicht. Wer trotzdem mit dem Gedanken spielt, sich ein solches Fahrzeug zuzulegen, muss andere Beweggründe haben. Zum Beispiel den, ein in Form und Fahrverhalten wirklich aufregendes Modell (wie den Tesla S) fahren zu wollen. Oder sich zum Ziel setzen, schon heute in einem Auto unterwegs zu sein, das nach morgen oder übermorgen aussieht, also auch in zehn Jahren noch als State of the Art durchgehen könnte.

Der BMW i3 ist so ein Zukunftsauto. Konsequent anders konstruiert als ein 1er oder 3er, wirkt der Kompakte wie ein Gruß aus dem Science-?Fiction-Film. Das Chassis ist aus Aluminium, die Karosserie aus kohlefaserverstärktem Kunststoff, im Interieur treffen Holz und andere natürlich wirkende Materialien auf zwei Monitore, die alle wesentlichen Daten anzeigen. Knöpfe und Schalter findet man kaum, es gibt nicht einmal eine Mittelkonsole, welche die Fußräume von Fahrer und Beifahrer trennt. Und die hinteren Türen geben sich erst auf den zweiten Blick zu erkennen, denn sie sind gegenläufig zu den vorderen montiert, weil der Wagen keine B-Säule hat. Ein Hingucker ist er also, der auf sehr schmalen Rädern rollende i3 – ob man ihn schön findet oder nicht.

Für unseren Praxistest konnten wir den BMW eine Woche lang in Hamburg bewegen. Meistens wurde er dabei so eingesetzt, wie sich die Ingenieure das bei einem E-Mobil vorstellen, also nicht als Kilometerfresser auf Autobahn und Landstraßen, sondern als Mobilitätsgarant für jemanden, der morgens vom Stadtrand in die City pendelt und abends zurück. Aufgeladen wurde an der heimischen Standard-Außensteckdose, erreichbar vom öffentlichen Parkplatz nur per Kabeltrommel. Zwar hatte BMW auch eine Zugangskarte für das Ladesystem Charge Now beigelegt, doch laut App und Website gibt es in Hamburg bislang keine Handvoll solcher Starkstrom-Stationen. Die häufiger zu sehenden Vattenfall-Säulen benötigen eine eigene Zugangskarte und wurden deshalb ebenfalls nicht genutzt.

Ist die Lithium-Ionen-Batterie voll, stehen insgesamt 22 kWh zur Verfügung, von denen 18 für das Fahren nutzbar sind (eine Vollentladung würde den Akku schädigen). Das genügt laut Norm für eine Reichweite von knapp 140 Kilometern bei einem Verbrauch von 13,5 kWh pro 100 Kilometern. Da eine Kilowattstunde Ökostrom derzeit rund 25 Cent kostet, würden die Kosten im Idealfall also bei 3,37 Euro für 100 Kilometer liegen. Tatsächlich gehen beim Ladevorgang aber zehn bis 15 Prozent Energie verloren, zudem lag die tatsächliche Reichweite im Test teilweise deutlich unter dem Normwert, sodass im Alltag – zumal im Winter – realistisch mit Kosten von rund 5 Euro pro 100 km gerechnet werden muss. Das Laden an der Standard-Steckdose dauert rund acht Stunden, eine Schnellladung mit Starkstrom könnte den Akku in 30 Minuten zu 80 Prozent füllen. Das Ladekabel ist vorne im Fahrzeug unter einer kleinen Haube zu finden und wird hinten rechts in einen Ladestutzen gesteckt. Ist das Auto verriegelt, lässt sich auch der Stecker nicht abziehen.

Wer für sich bejahen kann, immer rechtzeitig Zugang zu einer Stromquelle zu haben, bevor der Akku leer ist, kann beim Kauf des Wagens auf den „Range Extender“ verzichten, alle anderen sollten ihn mitkaufen. Es handelt sich hierbei um einen 650-ccm-Motor aus der Zweiradreihe von BMW, der benzinbetrieben wird und als Hilfsgenerator immer dann anspringt, wenn der Strom zur Neige geht. Er lässt sich aber auch von Hand starten, manchmal arbeitet er nur für einen Wartungslauf. Sein Geräusch ist dezent, aber auch nicht das, was man als Autofahrer gerne hört – es klingt schon ein wenig nach Mofa oder Notstromaggregat.

Dass ein Elektroauto in Sachen Fahrspaß keinen Verzicht bedeuten muss, unterstreicht der i3 klar. Wer mal die Beschleunigung testet, staunt darüber, wie leicht man an der Ampel klassische Autos stehen lassen kann. Sein maximales Drehmoment liegt bei 250 Nm, in nur 7,2 Sekunden ist der Stromer auf 100 km/h. Der 125 kW/170 PS starke Elektromotor bringt dabei seine Kraft ohne Gangwechsel an die Hinterräder. Statt Motorsound ist nur ein?leises Pfeifen zu hören, ähnlich wie?bei einer anfahrenden U-Bahn. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 150 km/h – allerdings nur im Fahrmodus Comfort. Ist dieser am kleinen Hebel rechts neben dem Lenkrad eingestellt, laufen auch Klimaanlage, Sitzheizung und andere Energiefresser ohne Einschränkung, was zulasten der Reichweite geht. Maximal 130 km/h kann man in der Stellung Eco Pro fahren, hier verändern sich noch weitere Parameter, sodass die Reichweitenanzeige sofort um einige Kilometer klettert. Höchstens 90 km/h schnell geht es im Sparmodus Eco Pro+, zugleich wird dann aber auch nicht mehr geheizt. Im Winter ist das also keine Option.

Vom Fahrverhalten her erweist sich der i3 als wendiger, agiler Stadtflitzer mit vielleicht etwas zu leichtgängigem Lenkrad und recht straffer Fahrwerksabstimmung. Ihn durch Hamburg zu bewegen, macht Spaß – wenn man kein Problem damit hat, dass die Leute neugierig gucken. Noch ist der Elektro-BMW ein Exot auf den Straßen. Und wird es vermutlich bleiben.