Wer sein Auto verkaufen will, muss oft mit heftigen Preisabschlägen rechnen. Experten erläutern die möglichen Gründe hierfür.

Wer sein gebrauchtes Fahrzeug zum Verkauf anbietet, muss oftmals feststellen, wie wenig Geld ihm für seinen Wagen noch geboten wird. Selbst bei Inzahlungnahme für eine Neuanschaffung nennen Händler nicht selten niedrige Ankaufpreise, die manchen Kunden schockieren. Doch darf man den zugrunde liegenden Gebrauchtwagenbewertungen trauen? Ja, könnte man meinen, vor allem, wenn Sachverständigenorganisationen wie TÜV oder Dekra die Bewertung für den Händler übernehmen. Doch Vorsicht, denn der realistisch zu erzielende Preis hängt von vielen Begleitumständen ab.

Der Wertverlust ist vor allem in den ersten Jahren immens, bestätigt Axel Bischopink, Leiter der Gebrauchtwagenbewertung beim TÜV Süd. Selbst wenn ein halbes Jahr altes Fahrzeug mit nur noch der Hälfte des Neupreises bewertet wird, könne dies ein durchaus realistischer Händlereinkaufswert sein: "Das ist nicht unbedingt abwegig." Allerdings ist solch ein immenser Wertverlust ein Extremfall und nicht die Regel. Ein möglicher Grund für eine niedrige Bewertung: "Es kann sein, dass ein anzukaufendes Auto aus privater Hand, das nicht älter als ein Jahr ist, auf dem Händlerhof in Konkurrenz zu ausrangierten Firmen- oder Dienstwagen tritt, die nach einem halben Jahr schon 30 Prozent unter Neupreis gehandelt werden", erläutert der TÜV-Experte.

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Und auch weil Händler eine Handelsspanne von üblicherweise 15 bis 17 Prozent einplanten, sinke der Einkaufspreis. Sie kann nach Aussage von Thomas Firmery von der Sachverständigenorganisation KÜS manchmal sogar bei bis zu 30 Prozent liegen. "Wertmindernd wirkt sich außerdem aus, dass Autos aus Privathand nicht mit ausweisbarer Mehrwertsteuer, also nicht an gewerbliche Kunden weiterverkauft werden können", ergänzt Bischopink.

Händler orientieren sich bei der Preisfindung oft in Internet-Verkaufsportalen wie Mobile.de oder Autoscout24.de sowie an den Datenbanken der Deutschen Automobil-Treuhand (DAT) und des Marktbeobachters Eurotax-Schwacke. Beide Unternehmen sammeln Daten zu Tausenden von Fahrzeugen, kalkulieren deren verbleibende Werte und setzen immer einen dem Alter entsprechenden technisch guten Zustand des Fahrzeugs voraus.

Jedes Auto wird beim Händler nach Zustand oder Reparaturbedarf individuell bewertet. Vor allem die Vertragshändler holen sich oft Sachverständige von Prüforganisationen ins Haus. Einheitliche Preise kommen bei der Begutachtung nicht unbedingt heraus: "Fragen Sie fünf verschiedene Gutachter, und sie bekommen fünf verschiedene Preise", bringt es Firmery auf den Punkt. "Man spricht dabei vom Sachverständigen-Ermessen. Der eine zieht drei Prozent für ein schlecht gepflegtes Auto ab, der andere nur ein Prozent." Allerdings dürften die Gutachter diesen Spielraum nicht überziehen, ansonsten riskierten sie ihre Glaubwürdigkeit.

Deshalb müssten die Sachverständigen ihre Einschätzung auch immer belegen, also erklären können, wie sie zu ihrem Preis kommen. So kann die jeweilige Jahreszeit schon mal für eine spürbare Wertminderung sorgen. Im Winter etwa kaufen Händler ein Cabrio zu niedrigeren Preisen an als zur Frischluftsaison, wenn es bis zum Verkauf nur vergleichsweise kurz einen Stellplatz auf dem Hof blockiert, erläutert TÜV-Experte Bischopink.

Und es gibt regionale Unterschiede: "In gebirgigen Regionen verkauft sich ein Allradfahrzeug besser als im Flachland", stellt DAT-Sprecher Siegfried Trede fest. Letztlich spielt es bei der Preisbestimmung neben Typ, Ausführung, Alter, Zustand und Laufleistung des Autos auch eine Rolle, wann der letzte Service durchgeführt wurde, wie abgefahren die Reifen sind oder welche Extras an Bord sind und welche Farbe ein Wagen hat.

Überraschend in diesem Zusammenhang: Teure Extras machen sich beim Wiederverkauf eines Autos keinesfalls immer bezahlt. Manchmal wirken sie letztlich sogar wertmindernd. Und wenn das Auto eine ungewöhnliche Lackierung habe, etwa Türkis bei einem eher wertkonservativen Automodell, werde man es nur mit Preisabschlägen wieder los, bestätigt TÜV-Sprecher Frank Volk. Je individueller ein Fahrzeug ausgestattet sei, umso schwieriger gestalte sich der Wiederverkauf. Auch ein extrem starker Motor grenze das Feld potenzieller Käufer stark ein. Positiv auf den Preis könne sich dagegen bei neueren Autos ein Automatikgetriebe auswirken. Andererseits lassen sich Limousinen der oberen Mittelklasse heutzutage nur schwer ohne Navigationsgerät verkaufen.