Eine Rechtsschutz-Police kann vor hohen Gerichts- und Anwaltskosten schützen. Thematischer und räumlicher Geltungsbereich sind zu beachten

Ob die Hecke des Nachbarn zu dicht am eigenen Grundstück steht, der Arbeitgeber mit Kündigung droht oder die Schuldfrage nach einem Verkehrsunfall umstritten ist – solche Streitereien landen häufig vor Gericht. Rund 2,5 Millionen Verfahren gibt es jedes Jahr vor deutschen Zivilgerichten. Es könnten noch mehr sein, doch zwei Drittel der Deutschen (71 Prozent) haben Angst vor den Kosten eines Rechtsstreits, wie eine aktuelle Forsa-Studie des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) zeigt.

Die Sorge ist nicht unbegründet. Denn seit einigen Monaten sind die Kosten für einen Rechtsstreit gestiegen. Neben Anwalts- und Gerichtskosten wurden auch die Abrechnungsentgelte für Notare, Sachverständige, Dolmetscher und Übersetzer erhöht.

„Wer sein Recht vor Gericht durchsetzen will, muss jetzt tiefer in die Tasche greifen“, sagt Jörg von Fürstenwerth vom GDV. So steigen die Kosten bei einem Arbeitsrechtsstreit um 16 Prozent, ein Verfahren zum Mietrecht ist um 12 Prozent teurer geworden. Bei Gericht und Anwälten sind die Gebühren im Schnitt um 20 Prozent gestiegen. „Die Gerichtskosten sind seit 1994 nicht erhöht worden“, sagt Ralf Kleindiek, Staatsrat der Hamburger Justizbehörde. „Deswegen war die Erhöhung in diesem Umfang dringend nötig.“ Hamburg rechnet durch die Reform mit jährlich vier Millionen Euro an Mehreinnahmen. Mit den höheren Gebühren soll der Kostendeckungsgrad der Justiz erhöht werden. „Es bleibt aber dabei, dass auch diejenigen, die es sich selbst nicht leisten können, durch Prozesskostenhilfe Zugang zum Recht haben“, sagt Kleindiek.

Doch alle anderen müssen einen Rechtsstreit vorfinanzieren. Allerdings gilt auch: Nur wenn sie den Rechtsstreit gewinnen, muss der Gegner in der Regel alle Kosten übernehmen. Sonst drohen hohe finanzielle Belastungen. Abhilfe kann eine Rechtsschutz-Police schaffen. Diese übernimmt die gesetzlichen Anwaltsgebühren, Zeugengelder und Sachverständigenhonorare ebenso wie Gerichtskosten und Kosten des Gegners, soweit der Versicherungsnehmer diese tragen muss. Rund 40 Prozent der deutschen Haushalte haben eine Rechtsschutzversicherung, mit der in der Regel auch freie Anwaltswahl garantiert wird. Es gibt außerdem Single- und Familientarife.

Mit einer Kombination aus Privat-, Verkehrs- und Arbeitsrechtsschutz sind alle wichtigen Lebensbereiche abgedeckt. Die Preisunterschiede sind jedoch hoch, wie der Vergleich von nur zehn Tarifen zeigt (s. Tabelle). Dennoch bietet eine Rechtsschutz-Police keinen Rundumschutz. Ausgeschlossen sind Streitigkeiten beim Bau oder Umbau eines Hauses und Verfahren vor dem Familiengericht in Ehesachen und Unterhaltsangelegenheiten.

Der Berufs-Rechtsschutz leistet bei Streitigkeiten mit dem Arbeitgeber Schutz, wenn es um Kündigungen, Lohnzahlungen oder Abmahnungen geht. Kaum Versicherungsschutz gibt es dagegen bei Aufhebungsverträgen. Wer noch Rechtsstreitigkeiten mit dem Vermieter oder als Hausbesitzer absichern will, muss mindestens mit 300 Euro Jahresbeitrag rechnen. Solche Leistungen sind in den vorgestellten Tarifen nicht enthalten.

Zudem gewähren nicht alle Tarife einen weltweiten Versicherungsschutz. Der weltweite Schutz kann zeitlich beschränkt sein. Beim Deutschen Mieterbund (DMB) gilt er nur drei Monate, bei der KS/Auxilia dagegen unbegrenzt. Auch die Versicherungssumme für Fälle im Ausland kann deutlich unter der angegebenen in der Tabelle liegen. Weltweit beträgt die Versicherungssumme bei Rechtsschutz-Policen des DMB nur 50.000 Euro.

Bei Familienpolicen ist die Einbeziehung volljähriger Kinder in den Versicherungsschutz wichtig. Denn die jungen Menschen haben die größte Angst (81 Prozent) vor den Kosten eines Rechtsstreits, was offenbar mit ihrer Einkommenssituation zusammenhängt. Manche Versicherer wie Arag oder Deurag stellen die Bedingung, dass die ledigen Kinder noch im Haushalt leben müssen. Zusätzlich schließt die Police von Arag alle in häuslicher Gemeinschaft lebenden Verwandten mit ein. Üblich ist, dass der Versicherungsschutz für die Kinder bis zum Ende der Erstausbildung bzw. der Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit reicht.

Das Vergleichsportal Check24 hat die Tarife nach einem Punktesystem bewertet. Je höher die Punktezahl, desto besser sind die Konditionen in den geprüften Bereichen Selbstbeteiligung, Versicherungssumme, Strafkautionsdarlehen, Versicherung während eines Auslandsaufenthaltes, die Wartezeit, bis nach Abschluss erste Leistungen in Anspruch genommen werden können und die kostenlose telefonische Anwaltsberatung. Maximal sind 15 Punkte zu erreichen. 13 bzw. 14 Punkte erzielen die Tarife von KS/Auxilia, Confidon, Deurag, Arag, BavariaDirekt und der Neuen Rechtsschutz-Versicherungsgesellschaft (NRV).

Unterschiede gibt es bei einem Strafkautionsdarlehen. Üblich sind 50.000 Euro. Manche Versicherer gehen weit darüber hinaus. Bei Confidon sind es 300.000 Euro, bei KS/Auxilia ist die Summe unbegrenzt. Bei der Wartezeit, bis Leistungen in Anspruch genommen werden können, gelten je nach Rechtsgebiet unterschiedliche Fristen.

Auch bei Selbstbeteiligung kann es unterschiedliche Beträge bei einer Versicherung geben. So verlangt Confidon im Berufsrechtsschutz eine Selbstbeteiligung von 300 Euro, in den anderen Bereichen nur 150 Euro. Bei BavariaDirekt ist der Berufsschutz schwach, denn Gütetermin und Abfindungsansprüche sind nach den Angaben von Check24 nicht enthalten. Das Verfahren vor einem Arbeitsgericht wird aber immer mit einem Gütetermin eingeleitet.

Der leistungsstarke und günstige Tarif von KS/Auxilia leistet in verschiedenen Rechtsbereichen nur, wenn vorher ein Mediationsverfahren durchgeführt wurde. Es ist also wichtig, sich die Bedingungen für die einzelnen Bereiche genau anzusehen und mit den persönlichen Anforderungen zu vergleichen. Nur nach dem Jahresbeitrag sollte die Auswahl nicht getroffen werden.

Und was ist mit Anwalts Liebling? Die stark beworbene Rechtsschutzversicherung Advocard der Generali kommt in der Tabelle nicht vor, weil der Familientarif rund 366 Euro jährlich kostet. Dafür wird ein umfassender Rechtsschutz bis hin zum Wohnungs- und Hausrechtsschutz geboten. Außerdem kann auch eine anwaltliche Beratung in Anspruch genommen werden, wenn noch kein Rechtsschutzfall vorliegt. Das ist dann der Fall, wenn nur ein neuer Arbeitsvertrag geprüft werden soll. Allerdings sind solche Leistungen auf 1000 Euro im Jahr beschränkt. In diesen Fällen gilt ebenfalls ein Selbstbehalt von 150 oder 300 Euro. Die Stiftung Warentest kommt zu der Einschätzung, dass andere Tarife deutlich günstiger sind, wenn man auf die vorsorglichen Beratungen verzichten kann. Zudem bestehe die Gefahr einer Kündigung durch die Versicherung bei zu häufiger Inanspruchnahme von Leistungen. Das gilt allerdings für alle Anbieter – nicht nur in der Rechtsschutzversicherung.