In Hamburg und Umgebung wird auch bei eiskaltem Wetter um die Wette gesegelt.

Wenn Nikoläuse Segel setzen und gestandene Männer bei Minusgraden in Kinderjollen durchs Wasser kreuzen, ist Weihnachten nicht weit. Die Königin der norddeutschen Winterregatten feiert in diesem Jahr ein stolzes Jubiläum: Am 6. Dezember treffen sich zum 40. Mal 150 Teilnehmer zur "Eisarschregatta" auf der Wakenitz in Lübeck. Die "Eisarschgilde von 1969" - in der Ausschreibung als "Körperteil des Lübecker Yacht-Clubs" beschrieben - lädt wie immer nur männliche Teilnehmer mit einem Mindestalter von 25 Jahren zum eisigen Saisonfinale.

Das kleine Problem bei dieser Spaßregatta für Hartgesottene: Die großen Jungs müssen in Kinderjollen der Optimistenklasse antreten. Zusatzauflage für die runde Geburtstagsfeier: Man möge im Nikolauskostüm antreten (das beste wird prämiert). Sogar das Meldegeld wird traditionell etwas anders als anderswo bemessen, nämlich nach dem "Startgewicht". Die Ausschreibung verrät: "Pro Kilogramm werden 0,20 Euro erhoben. Das Startgewicht setzt sich zusammen aus dem individuellen Nettogewicht und der Bekleidung, mindestens einer Badehose. Der Wiegevorgang findet im Freien statt."

Das Spektakel lockt - wen wundert's - tausend Zuschauer und mehr ans Ufer. In Bayern würden sie es eine Gaudi nennen. Beim Segeln kann der Spaß aber blitzartig aufhören. Allein 2007 waren bei Windstärke sechs und einer Wassertemperatur von neun Grad 25 Kenterungen zu beklagen - die Gestrauchelten tragen ihr Ungemach generell mit Fassung.

"Ich habe wieder gemeldet", sagt Segelprofi Tim Kröger, der ab 20. Oktober vor Lanzarote mit Skipper Jochen Schümann und der Platoon-Crew des Hamburger Bauinvestors Harm Müller-Spreer bei der TP52-Weltmeisterschaft um den WM-Titel kämpft. Der 44 Jahre alte Hamburger grinst und sagt: "Die Eisarschregatta ist ein Muss, ein Riesenspaß und ein Stück norddeutscher Regattakultur." Natürlich hat der 1,87 Meter lange und 95 Kilogramm schwere Profi im Opti keine Siegchance. Um den Wanderpreis "Der Eisarsch" kämpfen die jüngeren, leichten Steuerleute.

Dass Frauen von der Teilnahme ausgeschlossen sind, mochte eine Seglerin in den 1980er-Jahren nicht einsehen. Ihre Klage wurde jedoch vor Gericht abgelehnt. Organisationsleiter Günter Arndt erklärte dazu einst: "Wenn wir auch Frauen zulassen würden, dann hätten wir vermutlich schnell mehr Teilnehmer, als wir organisatorisch verkraften könnten." Fünfmal musste die Regatta abgesagt werden, weil die Wakenitz zugefroren war. 1977 fiel sie wegen Flaute aus.

Noch vor dem Showdown in der Marzipanstadt wird ganz cool auf Hamburger Gewässern gesegelt: Am 8. und 9. November lädt der Blankeneser Segel-Club FD-, 505er-, Piraten-, Contender und alle sonstigen Einrumpfjollen zum Finale der "Letzten Helden". Der Hamburger Segel-Club veranstaltet am gleichen Wochenende "Väterchen Frost" für H-Boote, J24-und X-79-Yachten. Ein Wochenende später steigt mit der 26. Kalten Kanne das Hamburger "Eisarsch"-Pendant: Mitmachen dürfen Steuerleute in Optimisten, die mindestens 30 Jahre alt sind. Das mutige Schlusslicht bildet der Eispokal, der Laser-, Contender-, Taifun- und Finnsegler am 6. und 7. Dezember. Den Schlussakkord setzt die Segel-Vereinigung Altona-Oevelgönne. Bei der Tannenbaumregatta am 21. Dezember geht es vor Wedel für Erwachsene ab 26 Jahren in Optimisten um einen Last-Minute-Christbaum.


Winterregatten im Überblick:

8./9. November: Letzte Helden (Elbe, Blankeneser Segel-Club) und Väterchen Frost (Alster; Hamburger Segel-Club)

15. November: 26. Kalte Kanne (Alster; Norddeutscher Regatta Verein)

29. November: Optimisten-Kreuzer-Regatta (Elbe; Mühlenberger Segel-Club)

6. Dezember: 40. Eisarschregatta (Wakenitz/Lübeck; Eisarschgilde von 1969)

6./7. Dezember: Eispokal (Alster; Hamburger Segel-Club)

21. Dezember: Tannenbaumregatta (Elbe, Segler-Vereinigung Altona-Oevelgönne)