Das Arbeiten im Großraumbüro ist manchmal die reinste Hölle.Irgendetwas nervt immer. Mit ein paar Regeln lässt es sich aber aushalten.

Niederkassel. Die Hölle, das sind die anderen – so hat es der Philosoph Jean-Paul Sartre einmal treffend formuliert. Wer im Großraumbüro arbeitet, dürfte auch ab und zu so denken. Der eine Kollege telefoniert zu laut, der andere tratscht unentwegt, und der dritte schmatzt einem mit einem Döner in der Hand etwas vor. Hier arbeiten, wie soll das gehen? Ganz einfach: Alle müssen sich an ein paar Etiketteregeln halten.

Klar, ein Großraumbüro hat auch Vorteile: Alles ist offen, und jeder ist schnell ansprechbar. Dort zu arbeiten, ist aber nicht jedermanns Sache. „Da braucht man ein dickes Fell“, sagt die Etikettetrainerin Gabriele Krischel aus Niederkassel. Denn der hohe Lärmpegel macht es schwer, sich zu konzentrieren. Und die Kollegen müssen besonders viel Rücksicht aufeinander nehmen, damit sie sich nicht auf die Nerven gehen. „Je mehr Leute zusammenarbeiten, umso wichtiger ist es, sich an Regeln zu halten.“

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Das nervt im Großraumbüro:

Telefon : Der Kollege telefoniert so laut, dass das ganze Büro zuhören muss? Am besten zeigen die anderen ihm dann die Rote Karte, rät Krischel. Das ist wörtlich gemeint: So könnten Mitarbeiter ein Zeichen dafür vereinbaren, dass jemand zu laut telefoniert – zum Beispiel eine rote Pappe wie im Fußball. „Manchen ist es ja gar nicht bewusst, dass sie so laut sprechen“, erklärt Krischel.

Handy : Nervige Klingeltöne können einem schon in der U-Bahn den letzten Nerv rauben. Fängt im Büro ein Handy immer wieder an, den neuesten Pophit zu dudeln, geht das erst recht gehörig auf den Geist. Im Büro sollte daher immer nur der Vibrationsalarm eingestellt sein, rät Krischel. Sinnvoll sei es auch, das Telefon am Schreibtisch auf lautlos zu stellen und sich Anrufe etwa über ein Blinken anzeigen zu lassen. „Und nicht durchs Büro laufen mit dem Handy, während man telefoniert!“

Privatgespräche : Der Kollege hat Ärger mit seiner Freundin? Wie schön, dass alle anderen es mitanhören dürfen, wenn er mit ihr telefoniert! Um solche Peinlichkeiten zu vermeiden, gehen Mitarbeiter für private Telefonate besser raus oder ziehen sich in einen anderen Raum zurück, rät Imme Vogelsang vom Netzwerk Etikette Trainer International in Hamburg. „Sonst kriegen alle ja gleich solche Ohren.“

Eine Ausnahme sei es, wenn das Gespräch ganz schnell geht und nicht zu privat wird: „Also zum Beispiel, wenn der Partner nur kurz durchgeben will, dass er die Theaterkarten besorgt hat.“ Wenn danach aber die Frage komme „Wie war’s beim Arzt?“, sei es Zeit, das Telefonat woanders weiterzuführen. Auch wenn sich zwei Kollegen neben dem Schreibtisch eines anderen unterhalten, kann das schnell stören. „Dafür sucht man sich besser eine ruhige Ecke oder geht in die Kaffeeküche“, rät Krischel.

Zu faul zum Aufstehen: Unhöflich ist es auch, über die Köpfe anderer hinweg zu reden. Im Großraumbüro mag es zwar naheliegend erscheinen, dem Kollegen zwei Tische weiter einfach kurz etwas zuzurufen – die anderen stört das aber. „Man sollte daher immer aufstehen und die paar Schritte bis zum Kollegen hin machen, wenn man ihm etwas sagen will“, empfiehlt Krischel.

Unordnung und Dreck: Im Kühlschrank verschimmeln vergessene Joghurts, und abends türmt sich in der Küche ein Spülberg – im Großraumbüro sieht es schnell so aus, wenn sich keiner für die Ordnung zuständig fühlt. Dabei klappt es damit nur, wenn jeder ein bisschen mitmacht. „Manche stellen ihre schmutzigen Tassen in der Küche einfach hin und hoffen, dass eine Fee sie über Nacht wegräumt“, sagt Vogelsang. Es sei aber nicht zu viel verlangt, wenn jeder sein Geschirr in die Spülmaschine räumt, sagt Krischel. „Und der letzte macht sie dann an.“ Auch auf dem Schreibtisch gelte die Devise „bloß kein Messie-Chaos“, ergänzt Agnes Jarosch vom Deutschen Knigge-Rat in Bonn. So gehöre es etwa dazu, leere Flaschen wegzuräumen.

Essen im Büro: „Manche sind da ja völlig enthemmt“, hat Vogelsang beobachtet. „Die bringen sich Pommes oder Asianudeln mit, und dann riecht das im ganzen Büro danach.“ Den anderen vergehe dann aber schnell der Appetit. Jarosch rät daher: „Einen Apfel oder Müsliriegel am Arbeitsplatz zu essen, ist okay, aber das dampfende Schnitzel oder das Mettbrötchen mit Zwiebeln sind tabu.“

Parfüm und Nägel: Die Kollegin hat ein neues Parfüm? Man riecht’s! Das kommt dabei heraus, wenn jemand es mit dem Einparfümieren übertreibt. Bei Parfüm im Büro gelte daher: Weniger ist manchmal mehr, sagt Jarosch. Genauso daneben sei es, am Schreibtisch kurz ein Deo zu benutzen, wenn man etwa im Sommer ins Schwitzen gerät. „Dazu geht man auf die Toilette und macht das unter Ausschluss der Öffentlichkeit.“ Das gelte auch für den „Klassiker“ unter den Fauxpas dieser Art: „Sich am Schreibtisch die Fingernägel lackieren, das geht gar nicht.“

Lüften: „Das ist ja oft ein Streitthema: Dem einen ist es zu kühl, dem anderen zu warm“, erklärt Jarosch. Unhöflich sei es, einfach das Fenster aufzureißen, wenn einem danach ist. Auch hierbei gelte es, Rücksicht auf die anderen zu nehmen. Zur Not dürfe aber die Mehrheit entscheiden, wann gelüftet wird. Die Höflichkeit gebiete es nicht, dass neun Mitarbeiter sich nach dem zehnten richten, dem es ständig zu heiß oder zu kalt ist.

Was aber am meisten im Büro nervt: kleinkarierte Pedanten und nörgelnde Mimosen. Auf dem Schreibtisch steht einmal eine leere Flasche, und der andere sagt gleich: „Das verstößt aber gegen die Büroetikette!“ Oder man erzählt morgens eine lustige Anekdote vom Wochenende, und der Tischnachbar meint sofort, dass man ihn von der Arbeit abhält. Furchtbar, diese Typen, die immer gleich etwas zu meckern haben. Das nervt vielleicht!