Wenn über die Müllberge Neapels leidenschaftlicher gesprochen wird als über die Dolomiten, wenn die einst glanzvolle Fluglinie Alitalia als verlustreicher Ladenhüter matt zu Boden trudelt und Mozzarella dank Dioxin zum Gefahrengut herabsinkt - dann hat Italien Probleme.

Der tief sitzende Pessimismus der Italiener ist nun dem in allen Farben schillernden "Cavaliere" Silvio Berlusconi zugutegekommen. Wenn man schon nicht jemanden wählen kann, der wirklich etwas für Land und Leute zustande bringt, der die hoffnungslos verkrusteten Strukturen Italiens aufzubrechen versteht, dann wenigstens einen, der es zu Erfolg, Reichtum, Macht, Glanz und Selbstbewusstsein gebracht hat, dachten sich wohl viele.

Berlusconi, die personifizierte zisalpine "bella figura", symbolisiert die Sehnsüchte von Millionen frustrierten Italienern. Sie verdrängen, dass er sich Gesetze auf den Leib schneidern ließ, um sein bedenkliches Geschäftsgebaren zu schützen, sie sind bereit, zu ignorieren, dass er zweimal verurteilt und rund ein Dutzend Mal angeklagt wurde - meist wegen Bestechung oder Bilanzfälschung.

Und kaum jemand kann ernsthaft erwarten, dass der zehnfache Dollarmilliardär in seiner dritten Amtszeit nun persönliche Interessen dem Gemeinwohl unterordnen wird - schon gar nicht seine Medienmacht. 2004 hatte eine US-Organisation den Grad der Pressefreiheit in Italien von "frei" auf "teilweise frei" zurückgestuft - ein politisches Alarmsignal.

Der dritte Sturmlauf dieses begnadeten Selbstdarstellers und Mussolini-Bewunderers an die Regierungsspitze ist Indiz für den Wunsch der Italiener nach einer starken Figur als Halt in den Strudeln von Globalisierung und Co. Zugleich ist sein Sieg Indiz für eine tiefe politische und gesellschaftliche Krise dieses doch so liebenswerten Landes.