Brüssel/Hamburg. Eigentlich sollte er schon längst Außenminister der Europäischen Union (EU) sein und die europäische Telefonnummer verkörpern, nach der es einst US-Außenminister Henry Kissinger so dringend verlangte. Ganz fest versprochen und sogar feierlich beschlossen hatten es die Staats- und Regierungschefs der EU. Aber wenn der Spanier Javier Solana morgen seinen 65. Geburtstag feiert, dann weiß er, dass es mit diesem schönen Titel wohl nichts mehr werden wird.

Erst im Juni beschlossen die Staats- und Regierungschefs - nun etwas weniger feierlich -, dass es doch keinen Außenminister geben soll, sondern nur einen "Hohen Vertreter der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik". Er soll der EU-Außenpolitik nicht nur ein Gesicht, sondern auch eine kräftigere Stimme geben. Daran, dass Solana die EU-Außenbeziehungen schon jetzt verkörpert wie kein anderer, können die Formulierungs-Pirouetten der Verantwortlichen nichts ändern.

"Es geht", hat der britische Historiker Niall Ferguson festgestellt, "nicht mehr um die Wahl zwischen verschiedenen nationalen Außenpolitiken und einer europäischen Außenpolitik, sondern um die Wahl zwischen nationaler Irrelevanz und kollektivem Einfluss." Und der Streit um den Namen illustriert das Dilemma, in dem Solana schon seit 1999 agiert. Die meisten 27 EU-Regierungen sehen traditionell die Außenpolitik als nationale Domäne an und haben geschichtlich gewachsene unterschiedliche Interessen.

Unrühmliche Beispiele einer fehlenden gemeinsamen europäischen Außenpolitik sind das US-Raketenabwehrschild, bei dem die USA Polen und Tschechien als Partner umwerben, sowie die europäische Spaltung in Sachen Irakkrieg. Gerade in diesem Fall zeigt sich aber mit jedem Tag deutlicher, dass große Probleme nur noch multilateral gelöst werden können.

Nicht alle EU-Mitglieder, zum Beispiel Österreich, gehören der Nato an - und die EU-Staaten Frankreich und Großbritannien wollen von ihrer herausgehobenen Position dank eines ständigen Sitzes im Uno-Sicherheitsrat nicht lassen. In diesem schwierigen Umfeld hat Solana die EU dennoch zu einem international gewichtigen Akteur gemacht. Mit Beobachtern, Ausbildern oder Sicherheitskräften ist die EU an wichtigen Krisenplätzen präsent, im Nahost-"Quartett" ist die EU Mitglied, und mittlerweile hat Solana sogar einen eigenen Militärstab.

Wenn mit den Versprechungen und Beschlüssen der Staats- und Regierungschefs nicht wieder alles schiefläuft, die neuen EU-Grundlagenverträge also tatsächlich wie geplant verabschiedet und ratifiziert werden, dann wird Solana ab 2009 mehr Kompetenzen haben. Er wird sowohl zum Rat als auch zur Kommission gehören, den Ratssitzungen der EU-Außenminister vorsitzen und einen größeren Stab haben. Damit endet für Solana, der auch schon spanischer Außenminister und Nato-Generalsekretär war, ein langer politischer Weg.