DONZY. Ungezählte Umfragen versuchen seit Monaten vorherzusagen, wie Frankreichs Präsidentschaftswahl ausgehen könnte - dabei reicht vielleicht schon ein Blick nach Donzy. Das 1700-Seelen-Dorf in Burgund hat seit 1981 bei jeder Wahl des Staatsoberhaupts genauso abgestimmt wie das gesamte Land. Und wie in ganz Frankreich sind viele Wähler in Donzy diesmal unentschlossen. "Ich habe noch nie so viele Unentschiedene gesehen", sagt der sozialistische Bürgermeister Bernard Devin.

Dass die Dorfbewohner so abstimmen wie ganz Frankreich, ist eigentlich seltsam. Denn in dieser ländlichen Gegend sind zentrale Themen des Wahlkampfes wie Einwanderung oder Kriminalität kein Problem. Hier machen die Menschen sich eher Sorgen um die Horden von Pariser Wochenendgästen oder die Versorgung mit Ärzten. Doch eines haben die Leute von Donzy mit dem Rest des Landes gemein: "Die Menschen haben einen schlechten Eindruck von den Pariser Politikern", sagt der Bürgermeister.

Gleichzeitig scheinen auch in diesem Dorf 30 Kilometer östlich der Loire die Bürger den Eindruck zu haben, dass diese Wahl anders ist als die vorangegangenen, dass sie für die Zukunft des Landes ausschlaggebend ist. Alle drei Favoriten - die Sozialistin Seegolène Royal, der Konservative Nicolas Sarkozy und der Zentrumsliberale François Bayrou - gehören einer neuen, jüngeren Politikergeneration an. Und alle propagieren den Wandel für ein Land, das sie in einer tiefen Krise glauben.

"Die Leute haben gemerkt, dass es mit dem Land bergab geht", sagt Getreidebauer Thierry Flandin, der selbst für Sarkozy stimmen will. "Das Rentensystem, die 35-Stunden-Woche, das ist alles nicht haltbar." Dass Ex-Innenminister Sarkozy wegen seiner harten Linie in Einwanderungs- und Kriminalitätsfragen oft kritisiert wird, interessiert in Donzy niemanden.

Der Bauunternehmer Jean Beunza sympathisiert mit Bayrou, der seine Herkunft aus einer Bauernfamilie gern hervorhebt. Auch der Geflügelzüchter Freedeeric Coudray ist für Bayrou: "Die Idee, dass Linke und Rechte zusammenarbeiten müssen, teile ich."

Auch der hohe Stimmenanteil des Rechtsextremen Jean-Marie Le Pen von 16,8 Prozent bei den Wahlen 2002 zeigte sich in Donzy genau wie auf nationaler Ebene. Doch diesmal rechnen wenige damit, dass der 78-Jährige wieder so weit vorne landet.

Und was Royal anbelangt, immerhin die erste Frau, die Frankreichs Staatschefin werden könnte, so sind nicht einmal die erklärten Sozialisten in Donzy begeistert. "Ich werde links wählen", sagt Bürgermeister Devin betont zweideutig. "Aber ehrlich gesagt bin ich enttäuscht. Sie hat so eine platte, matriarchalische Art. Und die Sozialisten haben kein richtiges Programm."

"Ich hätte die Sozialisten wählen können, aber die Person spricht mich einfach nicht an", bedauert der Apotheker Hervee Salavert. "Für mich ist es entweder Sarkozy, Bayrou oder eine ungültige Stimme", fügt er hinzu. "Es fällt mir wirklich schwer, mich zu entscheiden." Wie vielen dieses Mal in Frankreich.