HAMBURG. Kindergeld, Elterngeld, Investitionen in Krippen: Die öffentlichen Ausgaben für Kinder sind nach einem OECD-Report für Europa in Dänemark und Schweden am höchsten. Beide Länder haben hinter Frankreich die höchsten Geburtenraten pro Frau (1,8), während Deutschland mit etwa 1,3 Kindern pro Frau deutlich abfällt. Nach der jüngsten Unicef-Studie rangiert Schweden hinter den Niederlanden auf Platz zwei. Deutschland ist als Elfter nur Mittelmaß. Das viel gepriesene Modell Schweden geistert auch durch die Debatte um den Ausbau von Krippenplätzen in Deutschland.

Eine der renommiertesten schwedischen Autorinnen aber warnt: "Schweden ist kein kinderfreundliches Land. Der schwedische Staat taugt nicht als Modell, denn Kinder und alte Menschen werden nur beiseite geschoben", schreibt Wahlgren in einer Botschaft für das deutsche "Familiennetzwerk".

Wahlgren (64) ist eine Art Gegenentwurf zur deutschen Familienministerin Urusla von der Leyen. Sie hat neun Kinder von drei Männern und ist mit ihrem auch auf Deutsch erschienenen Erziehungsratgeber ("Das Kinderbuch") zur Bestseller-Autorin und Autorität geworden. Eine ihrer Kernthesen, die sie auch in ihrem neuen Werk "Kleine Kinder brauchen uns" diskutiert: Bis zum dritten Lebensjahr sollen Kinder möglichst nicht in Einrichtungen, sondern in der Familie betreut werden. Andernfalls sinkt ihre Lebenslust, neigen sie zu Depressionen und Drogensucht.

Nimmt man die neueste Unicef-Studie genauer unter die Lupe, entdeckt man Belege für Wahlgrens Argumente: Schwedische Kinder beklagen mehr als in anderen Ländern schlechte Beziehungen zu Eltern und Gleichaltrigen. Liegt das auch mit an der Frauenerwerbsquote, die in Schweden so hoch ist wie in keinem Land in Europa? Wahlgren sagt, dass es in Schweden leichter sei, "sein Kind loszuwerden".

"Familiennetzwerk"-Förderin Eva Herman, ehemalige "Tagesschau"-Sprecherin, sagte zum Ausbau der Krippenplätze: "Das ist nicht nötig." Krippenplätze würden von der Politik als familienfreundliches Programm verkauft, gingen aber an den Bedürfnissen der Familien vorbei. Am 22. Mai treffen von der Leyen und Autorin Wahlgren bei einem Streitgespräch in Wiesbaden aufeinander.