Ortsschilder: Richter verordnen Kärnten zusätzliche slowenische Beschriftung. Er möge das Recht einhalten, appellierte selbst der Bundespräsident. Doch der Kärntner bleibt stur.

Hamburg. "Schäbig, miserabel, peinlich" - der Chef der österreichischen Grünen, Alexander van der Bellen, hat einen "Mordszorn" auf den Kärntner Landeshauptmann (Ministerpräsident) Jörg Haider. "Kärnten macht sich lächerlich mit seinem Landeshauptmann, Österreich macht sich lächerlich", schimpfte van der Bellen. Grund: Der Ex-FPÖ-Chef und jetzige Vorsitzende der FPÖ-Abspaltung "Bündnis für die Zukunft Österreichs" (BZÖ) gibt den Polit-Rabauken und weigert sich, ein Urteil des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) umzusetzen. Das hatte dem Bundesland auferlegt, an der slowenischen Grenze zweisprachige Ortstafeln aufzustellen.

Der VfGH hatte kurz vor Weihnachten 2005 der Klage des Vize-Obmanns der Kärntner Slowenen, Rudi Vouk, recht gegeben. Bis 30. Juni 2006 muß demnach in der Stadt Bleiburg (Pliberk) eine zweisprachige Ortstafel stehen. In der Gemeinde Sankt Kanzian (Skocian) sollte schon seit 2001 eine solche Tafel stehen - der VfGH gab damals ebenfalls einer Klage Vouks recht. Seither firmiert die Sache in Österreich unter der Bezeichnung "Kärntner Ortstafelstreit".

Strittig ist in der Sache aber im Grunde nichts: Es gibt zwei Urteile des Höchstgerichts, und der Artikel 7, Absatz 3 des Staatsvertrags besagt: In Bezirken mit slowenischer Minderheit (mehr als zehn Prozent Bevölkerungsanteil) "werden die Bezeichnungen und Aufschriften sowohl in slowenischer Sprache als auch auf Deutsch verfaßt".

Haider ficht das freilich zum Ärger vieler seiner Landsleute nicht an. Inzwischen hat sich auch der österreichische Bundespräsident Heinz Fischer (SPÖ) in die Sache eingeschaltet. Am Freitag sagte er, das VfGH-Urteil müsse "respektiert und vollzogen" werden.

Der BZÖ-Chef allerdings verweist auf das Votum der Kärntner Bevölkerung. In einer Umfrage in neun Gemeinden, argumentiert Haiders Landesregierung, hätten 85 Prozent der Bevölkerung gegen zweisprachige Ortstafeln in allen Gemeinden mit einem slowenischen Bevölkerunganteil von über zehn Prozent votiert. Kritiker werfen Haider vor, eine "Privatumfrage" ("Standard") veranstaltet zu haben, die nicht repräsentativ sei. Denn immerhin wären von dem VfGH-Urteil mindestens 158 Gemeinden betroffen.

Ein "Gipfeltreffen" mit betroffenen Bürgermeistern bei Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) in Wien brachte auch keine Klärung. Jetzt verlangt Haider gar eine Volksbefragung über das Ortstafelthema - zum Ärger des Präsidenten. "Ich glaube, über eine Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes kann man keine Volksbefragung und keine Volksabstimmung machen", sagte er. Am Freitag verwahrte sich Haider auf der Internetseite der Kärntner Landesregierung aber erneut gegen den Vorwurf, er würde die Verfassung brechen. Seine Vorgangsweise sei "stets rechtlich korrekt und verfassungskonform gewesen", sagte Haider. Außerdem sei der VfGH in der Sache gar nicht zuständig.

An eine schnelle Lösung der Polit-Posse ist derzeit nicht zu denken. Zumindest den ganzen Sommer über wird das Thema weiterkochen, vermuten Experten. Denn im Herbst wählt Österreich ein neues Bundesparlament. Und da droht Haiders BZÖ der politische Exitus. Seit der Abspaltung von der FPÖ krebst das rechtpopulistische BZÖ an der Grenze zur Wahrnehmbarkeit herum. Die einzige Chance, wieder in den Nationalrat zu kommen, ist also, für Aufsehen und damit öffentliche Wahrnehmung zu sorgen. Aber auch Kanzler Schüssel gerät zunehmend in die Kritik. Denn der hat sich bislang gescheut, ein Machtwort in der Sache zu sprechen.