Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach sagt, dass ihm nicht mehr viel Zeit bleibe. Dennoch kandidiert er 2013 wieder für den Bundestag.

Hamburg. O Gott, der Bosbach. Das sagen viele, wenn Wolfgang Bosbach, 60, sich mal wieder zu Wort meldet. Der renommierte CDU-Bundestagsabgeordnete aus Bergisch-Gladbach, fünfmal in Folge direkt gewählt, trägt seine Meinung zur inneren Sicherheit, zur Polizei, zu Islamisten und zum Jugendschutz auf den Lippen. Er ist fast immer erreichbar für ein Statement. Besonders eitel ist er nicht, aber hartnäckig und voller Überzeugungen.

Das ging so weit, dass er der Erweiterung des Euro-Rettungsschirms EFSF im Bundestag nicht zustimmen wollte. Da wurde der konservative Parteisoldat zum Abweichler. "Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen", hat Kanzleramtsminister Ronald Pofalla dem Parteifreund damals unter Ohrenzeugen gesagt. Die sanfte Reaktion Bosbachs ("Ach, der Ronald") übertünchte sogar die Entschuldigung Pofallas. Es klang fast wie ein "Liebet eure Feinde".

Jetzt hat Bosbach, der an Prostatakrebs erkrankt ist, einen tiefen Einblick in seine Seele gewährt. "Mein Arzt hat gemeint, ich solle mir keine falschen Hoffnungen machen", sagte er dem "Spiegel". Diese Ehrlichkeit findet er richtig. Er will nicht noch einmal mit falschen Hoffnungen abgespeist werden. Bosbach schaut dem Tod ins Auge. Er sagt, ihm bleibe nicht mehr viel Zeit. Wie viele Jahre es seien, ist ungewiss. Trotzdem will er auch 2013 noch einmal für den Bundestag kandidieren.

Seine Arbeit ist sein Leben. Auch wenn er glücklich verheiratet ist und mit seiner Frau drei Kinder hat. Bosbach kann nicht anders. Er will gestalten, sich einmischen.

Zum Leiter eines Coop-Supermarkts hatte er sich in den 70er-Jahren emporgearbeitet. Dann machte er sein Abitur nach, studierte Jura, kandidierte für die CDU im Rheinland, die tiefschwarz, katholisch und dennoch ein fröhlicher Verein ist.

Bosbach trägt bereits einen Herzschrittmacher. Eine Herzmuskelentzündung hatte ihn erheblich geschwächt. Die Warnzeichen hat er ignoriert und wollte nicht mitten im Wahlkampf als "Schwächling" gelten. Aufmunterung habe er von CSU-Chef Horst Seehofer erfahren, der eine ähnliche Erkrankung hatte und eine Auszeit von der Politik nehmen musste.

Trotz Sport und gesunder Lebensführung hat Bosbach der Krebs gepackt. Anfangs hatten ihm die Ärzte gesagt, die Behandlung werde ihn schon gesunden lassen. Doch die Krankheit breitete sich aus. Die Metastasen haben auch sein Becken und die Wirbelsäule befallen. Während der dramatischen Abstimmungen um die Euro-Rettung war Bosbach wie andere Abweichler starkem Druck seiner Fraktion ausgesetzt. Es ging um geschlossene Reihen im Regierungslager. Zuvor, sagte Bosbach im "Spiegel", habe er nur zweimal gegen die eigenen Leute gestimmt. Nein, ein Querkopf sei er nicht. Aber gegen die eigene Überzeugung zu stimmen - das wollte er nun auch nicht.

Bosbach bleibt voller Elan. Im "Spiegel" erzählt er von seiner Passion, dem Karneval. Nun ja, Innenminister sei er nicht geworden. Bundeskanzlerin Angela Merkel habe andere vorgezogen. Aber auf seinem Geburtstag habe die Karnevalsband De Höhner gespielt. "Der Höhepunkt auf dem 50. Geburtstag von Angela Merkel war der Vortrag eines Hirnforschers."

Die Rheinländer sind wie Bosbach. Et kütt wie et kütt. Es kommt, wie es kommt. Eines der rheinischen Naturgesetze seit der Römerzeit. Bosbach nimmt sein Leben mit Humor, den Abschied auch. "Im Rheinland sind Beerdigungen lustiger als woanders die Hochzeiten."