Lafontaine äußert sich derzeit weder zu seinem Verzicht auf die Kandidatur noch zu seinen weiteren beruflichen Pläne. „Ich freue mich über ihr großes Interesse“, sagte er am Mittwoch im Saarbrücker Landtag.

Berlin. Der ehemalige Linke-Chef Oskar Lafontaine hat das Rennen um die neue Parteiführung verloren und seinem Kontrahenten, Fraktionsvize Dietmar Bartsch, das Feld überlassen. Lafontaine erklärte am Dienstag, er werde nicht für den künftigen Parteivorsitz kandidieren und wolle nicht Spitzenkandidat für die Bundestagswahl 2013 werden. Am Abend warfen Parteivize Katja Kipping und die gescheiterte NRW-Spitzenkandidatin Katharina Schwabedissen ihre Hüte in den Ring.

Lafontaine äußert sich derzeit weder zu seinem Verzicht auf die Kandidatur noch zu seinen weiteren beruflichen Pläne. „Ich freue mich über ihr großes Interesse“, sagte er am Mittwoch im Saarbrücker Landtag vor Journalisten, lehnte jedoch Statements strikt ab. Die Saar-Linke erwartet unterdessen, dass der 68-Jährige in Saarbrücken weiter aktiv in der Politik bleibt. Lafontaine nahm als Fraktionschef der Linken an der Sitzung des saarländischen Landtags teil.

Bundespartei-Vize Heinz Bierbaum äußerte sich „überrascht von dem Zeitpunkt“ der Entscheidung Lafontaines. Er könne den Schritt „persönlich nachvollziehen“, auch wenn er es „politisch für die Parteientwicklung für bedauerlich“ halte, betonte Bierbaum, der zugleich parlamentarischer Geschäftsführer im saarländischen Landtag ist. Er äußerte zugleich die Erwartung, dass Lafontaine seine Funktion als Fraktionschef an der Saar fortführen werde. „Es gibt keine Anzeichen, dass es hier Änderungen geben könnte“, sagte Bierbaum.

Lafontaine hatte eine Kandidatur bislang nicht eindeutig erklärt. Er hatte sie an die Bedingung geknüpft, dass es nicht zu einer Kampfkandidatur komme. In seiner schriftlichen Erklärung hieß es nun: „Mein Beweggrund war, die Linke in einer für sie sehr schwierigen Situation nicht im Stich zu lassen.“ Seine Bereitschaft habe jedoch nicht zu einer Befriedung der innerparteilichen Auseinandersetzung geführt. Vielmehr seien die Konflikte eskaliert. „Das ist kein Umfeld, in dem ich mich in der Lage sehe, dazu beizutragen, dass die Linke wieder eine starke bundespolitische Kraft wird.“ Er zeihe daher sein Angebot zurück, „wieder bundespolitische Aufgaben zu übernehmen“. Nur ein Neuanfang „jenseits der bisherigen Konfrontationslinien“ könne die festgefahrene Situation der Partei überwinden.

Unmittelbar nach der Entscheidung Lafontaines gab es damit vier Kandidaten für den Parteivorsitz, den traditionell ein Mann-Frau-Duo bildet: Bundestagfraktionsvize Dietmar Bartsch sowie die Bundestagsabgeordnete Sabine Zimmermann, Kipping und Schwabedissen. Die beiden Vorsitzenden sollen auf einem Parteitag Anfang Juni gewählt werden. Nach wochenlangen Führungsdiskussionen hatte am Montagabend die Zwickauerin Zimmermann ihre Bereitschaft zur Kandidatur erklärt. Wenig später machte die NRW-Spitzenkandidatin Katharina Schwabedissen ihre Ambitionen öffentlich. Am Dienstagabend folgte Kipping. Sie und Schwabedissen wollten am Mittwoch bekannt geben, ob sie nur gemeinsam für die Doppelspitze kandidieren werden.

Der amtierende Parteichef Klaus Ernst, der als Unterstützer Lafontaines galt, sieht die Linke nun in einer „sehr ernsten Lage“. Der ARD sagte er, die Partei verliere ihren besten Wahlkämpfer. Alle in der Partei, die zu Lafontaines Entscheidung beigetragen hätten, müssten sich dafür auch verantwortlich erklären. Er schloss eine eigene Kandidatur nicht aus. Bartsch sei nicht der geeignete Kandidat.

Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi, der erst am Montag seine Unterstützung für Bartsch signalisiert hatte, zeigte Verständnis für Lafontaines Schritt und rief die verschiedenen Lager dazu auf, aufeinander zuzugehen. Die Entscheidung sollte Anlass sein, dass die Vertreter „unterschiedlicher, aber wichtiger Teile der Partei aufeinander zugehen“. Ob es gelinge, sei aber offen.

Lafontaines Lebensgefährtin Sahra Wagenknecht forderte auch Bartsch zum Verzicht auf seine Kandidatur auf. „Ich denke, das wäre doch sicherlich eine Lösung, die eher die Partei eint“, sagte die Vize-Parteivorsitzende am Abend nach einer Parteiveranstaltung in Berlin. Bartsch solle nicht auf Gedeih und Verbleib bei seiner Kandidatur bleiben, denn diese sei insbesondere bei Genossen im Westen sehr umstritten. Die Basis wolle eine dritte Lösung.

Zimmermann sagte der dapd, die Linke brauche Lafontaine. Der Landesvorsitzende der Linken in Mecklenburg-Vorpommern, Steffen Bockhahn, sieht im Verzicht Lafontaines hingegen eine Chance: „Die Entscheidung ermöglicht auf jeden Fall, dass wir jetzt wieder sachlicher und konstruktiver über Inhalt und Ausrichtung der Partei diskutieren können“, sagte er der dapd.

Thüringens Linke-Fraktionschef Bodo Ramelow sagte der dapd, es sei eine Debatte beendet, „die zur Geisterdebatte geworden ist“. Er rechne damit, dass nun weitere Parteimitglieder ihre Kandidatur für den Vorsitz bekannt geben werden.

Sachsens Linke-Chef Rico Gebhardt begrüßte Lafontaines Schritt. Lafontaine habe gespürt, dass die Mehrheit der Partei nicht hinter ihm stehe, sagte Gebhardt der dapd. Jetzt müsse es darum gehen, eine Debatte zwischen Reformern und Radikalen, zwischen Ost und West in Gang zu bringen. Der Berliner Bundestagsabgeordnete Stefan Liebig nannte Bartschs Kandidatur im dapd-Gespräch gut und Lafontaines Entscheidung nachvollziehbar.