Die Koalition streitet über das Betreuungsgeld – und Kristina Schröder schreibt ein Buch über feministische Rollenbilder. Der Clinch „Rabenmütter“ versus „Heimchen am Herd“ könnte zum „letzten Kulturkampf“ geraten.

Berlin. Ihr Werk „Danke, emanzipiert sind wir selber!“ ist nicht wirklich eine Abrechnung mit dem radikalen Feminismus der 70er und 80er Jahre – den Familienministerin Kristina Schröder allenfalls als Kind erlebte. Mit 19 schrieb Kristina Schröder in ihrer Abi-Zeitung, sie wolle „Ehe, Kinder und Karriere unter einen Hut bringen, (...) – ohne jemals zur Feministin zu werden“. Mit 34 Jahren hat die CDU-Familienministerin heute in der Tat alle diese Ziele erreicht. Und jetzt kommt auch noch ein Buch dazu. Es ist ein ketzerisches Plädoyer gegen von Feministinnen wie „Strukturkonservativen“ bisweilen immer noch beschworene klassische Rollenbilder: „Heimchen am Herd“ versus „Rabenmutter“, herzlose Karrierefrau oder die „Latte-Macchiato-Mutter“ als neues schickes Großstadtphänomen.

Doch mit der realen Lebens- und Arbeitswelt vieler junger Paare, die trotz eines immer noch unzureichenden Betreuungsangebotes täglich mühsam versuchen, Beruf, Kinder und Partnerschaft zu vereinbaren, hat das alles wenig tun. Schröders 240-Seiten-Buch erscheint just in einer Zeit, in der heftig über ihr wichtigstes Gesetzesvorhaben in dieser Wahlperiode gestritten wird – sogar stärker innerhalb der Koalition als mit der Opposition. Die Auseinandersetzung um das vor allem von der CSU verlangte Kleinkinder-Betreuungsgeld für daheim erziehende Eltern hat für die Konservativen familienpolitischen Symbolcharakter – nach den bereits verlorenen Schlachten um die Einführung von Ganztagsschulen und auch um den Abschied von der Hauptschule.

Das Wiederaufleben dieser ideologischen Auseinandersetzungen und dieser „verbalen Geschütze in deutsche Wohnzimmer hinein“ – wie etwa „Herdprämie“ oder „Rabenmütter“ – sorgen laut Schröder „für schlechtes Gewissen, Selbstzweifel und Verunsicherung, aber für eines ganz sicherlich nicht: für Lust auf Kinder und Familie“, warnt die Ministerin die Kontrahenten – vor allem wohl auch in ihrer eigenen Partei. Zusammen mit ihrer Co-Autorin Caroline Waldeck sieht Schröder „vielleicht den letzten Kulturkampf unserer postideologischen Gesellschaft“.

Aus Schröders Ministerium wird kolportiert, dass eigentlich auch sie „kein 100-prozentiger Fan des Betreuungsgeldes“ ist. Doch noch hält die Koalitionsräson. „Solange die Koalition an dem Betreuungsgeld festhält, solange halte ich an dem Auftrag fest, einen Gesetzentwurf zu erarbeiten“, versicherte Schröder ein wenig doppeldeutig in der „Bild am Sonntag“. Der Gesetzentwurf soll nunmehr bis zur Sommerpause vorliegen. Eigentlich sollte das Papier schon zu Ostern fertig sein.

In ihrer Auseinandersetzung mit dem Feminismus bleibt Schröder ambivalent. „Emanzipation macht Arbeit“ würdigt sie respektvoll das Ringen vieler Frauen und Mütter, Familie und Beruf in Einklang zu bringen. „Frauen meiner Generation sind dankbar für das, was Generationen von Frauen vor uns hart erkämpft haben“, lobt sie das über 100 Jahre alte Streben nach Gleichberechtigung von Frau und Mann. Früher hatte Schröder das schon einmal prägnanter formuliert. Eine Karriere wie die ihre – so bekannte sie im November 2010 in einem „Spiegel“-Interview – wäre in Deutschland „vor dem Feminismus nicht möglich gewesen“.

Doch dann folgen über Seiten hinweg wieder Attacken gegen einen Feminismus als „quasireligiöse Weltanschauung“ und dem „missionarischen Sendungsbewusstsein“ ihrer Anhängerinnen. „Hier versuchen Feministinnen, Frauen am Gängelband eines zum Mantra erhobenen „modernen Frauenbilds“ zu führen“ – und damit neue Fesseln anzulegen, statt beim Abstreifen der alten zu helfen. Andersdenkende Frauen könnten diesen Versuchen nur ein „Danke, emanzipiert sind wir selber!“ entgegensetzen, mahnen die Autorinnen.

Zweieinhalb Jahre ist Schröder jetzt im Amt. Die großen Familienthemen wie Kita-Ausbau und Elterngeld hatten ihre Amtsvorgängerinnen Ursula von der Leyen (CDU) und Renate Schmidt (SPD) auf den Weg gebracht. Für Schröder blieb bisher nicht viel übrig: Sie brachte zwar ein zuvor von von der Leyen vergeigtes Kinderschutzgesetz durch den Bundesrat, doch die im Koalitionsvertrag vorgesehene Ausweitung der „Vätermonate“ beim Elterngeld fiel dem Spardiktat zum Opfer. Und eine Frauenquote in den Vorständen der Dax-Unternehmen wird es wegen des Vetos der FDP in dieser Wahlperiode nicht geben – weder Schröders Light-Modell einer „Flexi-Quote“, noch von der Leyens verbindliche gesetzliche Vorgaben.

Mit ihrem Scharmützel mit Frauenrechtlerin Alice Schwarzer schaffte es Schröder bereits vor einem Jahr bundesweit in die Schlagzeilen. Die mediale Aufmerksamkeit dürfte ihr auch diesmal sicher sein. (dpa)