Die Kanzlerin hat deutlich ihre Ablehnung gegen die Abgabe für Kinderlose geäußert. Sie lehnt den Vorstoß der jungen Unionsfraktion ab.

Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnt den Vorstoß junger Unionsabgeordneter zu einer Abgabe für Kinderlose ab. „Schon eine Einteilung in Menschen mit und ohne Kinder ist nicht zielführend“, sagte Merkel am Dienstag in Berlin. „Ich glaube, wir müssen andere Wege finden.“ Das Anliegen, die sozialen Sicherungssysteme nachhaltig zu gestalten, sei berechtigt. Sie glaube aber nicht, dass der Vorstoß der Jungen Gruppe der Unionsfraktion die Probleme einer nachhaltigen Finanzierung lösen könne.

Die Unionsabgeordneten um den sächsischen Parlamentarier Marco Wanderwitz hatten gefordert, Kinderlose ab 25 Jahre mit einem Prozentsatz ihres Einkommens zu belasten. Die Abgabe solle nach Anzahl der Kinder gestaffelt werden. Kinderlose sollen voll zahlen, Eltern mit einem Kind die Hälfte, Eltern mit mehreren Kindern nichts.

Wanderwitz sagte: „Es gibt eine Schieflage in unserem Land. Familien tragen höhere Lasten als Kinderlose. Sie stehen finanziell schlechter.“ Deshalb sollten kinderlose Bürger von dem Geld, das sie einsparten, weil sie eben keine Kinder großzögen, mehr Vorsorge für ihr Alter treffen. Die Sozialversicherungssysteme basierten auf dem Generationenvertrag. „Jeder zahlt für die Eltern- und Großelterngeneration und sorgt mit Kindern dafür, dass es später wieder Beitragszahler gibt. Für Kinderlose zahlen später fremder Leute Kinder.“

Die Opposition im Bundestag hat den Vorstoß scharf kritisiert. „Jeder Lebensentwurf muss respektiert und darf nicht bestraft werden“, sagte SPD-Fraktionsvize Dagmar Ziegler am Dienstag in Berlin. „Kinderlose zu bestrafen, hilft den Eltern nicht“, sagte auch der familienpolitische Sprecher der Linken, Jörn Wunderlich. Die Sprecherin der Grünen für Familienpolitik, Katja Dörner, erklärte: „In einem freien Land ist es nicht Aufgabe der Politik, individuelle Lebensentwürfe zu bewerten.“

Wanderwitz, der den Vorschlag Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel persönlich vorgestellt hat, sagte der in Halle erscheinenden „Mitteldeutschen Zeitung“ (Dienstag): „Unsere Sozialversicherungssysteme funktionieren nicht, wenn es zu wenig Kinder gibt.“ Deswegen wolle man ein Sondervermögen bilden, das nicht Teil des Bundeshaushalts sei.

Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) wies den Vorschlag in der „Welt“ zurück und erklärte ebenfalls: „Ich finde es vernünftiger, Kinderwünsche zu befördern statt Kinderlosigkeit zu bestrafen.“ Dagegen sagte Bayerns Familienministerin Christine Haderthauer (CSU) dem Blatt: „Derjenige, der Zukunft baut und Kinder hat, darf nicht mit denselben Beiträgen belastet werden wie jemand, der das – egal aus welchen Gründen – nicht tut.“

Grünen-Politikerin Dörner nannte Haderthauers Äußerung „unverschämt und reaktionär“. „Er ist auch ein Schlag ins Gesicht ungewollt Kinderloser. Wenn es der bayrischen Familienministerin wirklich um die Förderung von Familien ginge, würde sie sich unserer Forderung anschließen, das Ehegattensplitting abzuschaffen. Damit könnten erhebliche Steuererleichterungen, die rein an den Trauschein geknüpft sind, beendet und Milliardenbeträge tatsächlich für die Unterstützung des Lebens mit Kindern investiert werden.“

Wunderlich nannte die vorgeschlagene Abgabe „eine Art Zwangs-Soli“. Nötig sei vielmehr, in der Kranken- und Pflegeversicherung eine solidarische Bürgerversicherung einzuführen und so Hoch- und Höchstverdienende mehr in die Finanzierung sozialer Sicherungssysteme einzubeziehen: „Damit wäre auch den Eltern geholfen, weil ihr Beitragssatz so sinken könnte.“ (dpa)