Räumung des besetzten Platzes vor dem Stuttgarter Bahnhof hat begonnen. 300 Demonstranten wehrten sich bis zuletzt gegen Abrissarbeiten.

Stuttgart. Mit einem Großaufgebot hat die Polizei am Freitagmorgen die Räumung des von rund 300 Demonstranten besetzten Platzes vor der "Stuttgart 21“-Baustelle begonnen. Zuvor hatten die Einsatzkräfte die Demonstranten mehrfach aufgefordert, ihre Sitzblockade zu beenden und den Platz vor dem Südflügel des Hauptbahnhofes, der abgerissen werden soll, zu verlassen. Dabei räumten Beamte bereits Barrikaden aus Holz, Pappe und Möbeln. Einige Polizisten trugen fast am ganzen Körper besondere Schutzkleidung.

Zuletzt hatten nach Polizeiangaben noch rund 300 Gegner des Milliarden-Projekts Stuttgart 21 versucht, die Beamten bei ihrem Einsatz zu blockieren. Einige Demonstranten waren der Aufforderung der Polizei gefolgt und hatten das Gelände vor dem Südflügel freiwillig verlassen. Dieses soll mit Absperrgittern abgeriegelt werden. Die Bahn will den Gebäudeteil in den kommenden Tagen entkernen und abreißen lassen.

Es wird erwartet, dass im Laufe des Tages die Entkernung des Gebäudes beginnen soll. Zur Absicherung der Bauarbeiten sind etwa 1.700 Polizisten im Einsatz. Ziel des milliardenschweren Bauvorhabens "Stuttgart 21“ ist es, den oberirdischen Kopfbahnhof durch einen unterirdischen Durchgangsbahnhof zu ersetzen.

Bahn will im Sommer mit Tunnelarbeiten beginnen

Laut dem Zeitplan der Bahn soll im Sommer mit den großen Tunnelarbeiten für den geplanten Tiefbahnhof begonnen werden. Dazu müssen der Südflügel des Bahnhofs abgerissen werden und 176 Bäume im Schlossgarten weichen. Während der Abbruch des Südflügels laut Polizeipräsident Züfle nach derzeitigem Stand rechtmäßig wäre, steht den Baumarbeiten ein Fällungsverbot des Eisenbahn-Bundesamtes (EBA) entgegen.

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+++ Kretschmann will Kosten-Erklärung von der Bahn +++

Bereits im Oktober 2010 hatte das EBA der Bahn aufgegeben, vor weiteren Baumfällungen im Schlossgarten zusätzliche artenschutzrechtliche Untersuchungen durchzuführen und Maßnahmen zur Schadensvermeidung und -begrenzung darzulegen. Die Unterlagen seien zwar eingereicht worden, das EBA habe aber eine Aktualisierung gewünscht, sagte ein Sprecher des "Stuttgart 21“-Kommunikationsbüros am 4. Januar. Wann das EBA entscheidet, ist noch unklar.

Einigung über Baumfällungen steht noch aus

Indes ist noch unklar, wie viele Bäume letztendlich verpflanzt werden. Derzeit sprechen sich die Projektpartner noch ab. Die Landesregierung will sich in einer Kabinettssitzung in der kommenden Woche eine Meinung bilden. "Die Empfehlungen der Experten aus dem Stuttgarter Dialogforum sind Grundlage für die Meinungsbildung“, sagte Regierungssprecher Rudi Hoogvliet. Fest stehe, dass die Landesregierung die Verantwortung für die Kosten bei der Bahn sehe.

Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU) hat laut seinem Sprecher Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) einen Brief mit den Ergebnissen des Dialogforums geschrieben. Das Forum, das die Stuttgarter Bürger über den "Stuttgart 21“-Bau informieren soll, hatte am 19. Dezember einen Kompromiss vorgeschlagen. Danach sollen nur 68 der insgesamt 176 betroffenen Bäume verpflanzt werden, weil bei ihnen eine einfachere Verpflanzungstechnik angewandt werden kann. Von den ganz großen Bäumen sollen nur wenige versetzt werden, um Kollateralschäden im Schlossgarten gering zu halten. Auch der Regionalverband Stuttgart will als Projektpartner diese Empfehlung unterstützen, schließt jedoch eine Kostenübernahme über seinen bisherigen Anteil von 100 Millionen Euro aus.

Mit Material von dpa und dapd