Leutheusser-Schnarrenberger mahnt Schutz der Privatsphäre an

Berlin. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat in der Affäre um staatliche Überwachungssoftware auf einen verstärkten Schutz der Privatsphäre der Bürger gepocht. Der Staat habe zwar die Aufgabe, präventiv gegen Gefahren vorzugehen. Dabei sei aber "nicht alles erlaubt". Den Einsatz der sogenannten Trojaner-Programme lehnte sie nicht grundsätzlich ab: "Ich misstraue nicht Trojanern, ich will es nur genau wissen", sagte die FDP-Vizechefin. Die Ministerin forderte eine genaue Prüfung, ob bei Trojaner-Einsätzen technisch gewährleistet werden könne, dass die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts eingehalten werden. So müsse ausgeschlossen werden, dass die Software auch zu einer unzulässigen Online-Durchsuchung verwendet werden könne. Sie sprach sich dafür aus, die umstrittene Aufnahme von Bildschirmfotos nicht mehr zuzulassen.

Der Chaos Computer Club hatte am Wochenende einen "Staatstrojaner" der bayerischen Sicherheitsbehörden identifiziert, der technisch mehr kann, als er nach dem Gesetz darf. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) betonte dagegen, man habe beim Einsatz des Überwachungsprogramms alle rechtlichen Vorgaben eingehalten.

Leutheusser-Schnarrenberger mahnte mit Blick auf die Koalitionspartner CDU und CSU, notwendig sei "ein angemessenes Verhältnis zwischen Sicherheit und Freiheit". Das Bundesverfassungsgericht habe klargestellt, dass nicht alle neuen Möglichkeiten zur Strafverfolgung genutzt werden dürften - "ob einem das passt oder nicht".

Das Bundesverfassungsgericht hatte den Einsatz von Trojanern bei behördlichen Ermittlungen auf Internettelefonate oder Online-Chats beschränkt. Allerdings ist noch unklar, wer bei dieser sogenannten Quellen-Telekommunikationsüberwachung auf die Einhaltung der Vorgaben achtet und die Software dem Einzelfall entsprechend programmiert.

Unterdessen ging Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich zum Gegenangriff über und stellte sich gestern demonstrativ vor die Sicherheitsbehörden. "Deutschland ist kein Schnüffelstaat", sagte der CSU-Politiker "Focus Online". Gesetzesänderungen seien nicht erforderlich. "Wir haben eine einwandfreie, verfassungsgemäße Rechtsgrundlage für das Handeln der Sicherheitsbehörden." Unbescholtene Bürger seien von Überwachungsmaßnahmen nicht betroffen.