Hamburg/Berlin. Bei Twitter wird über das Bild eines Flüchtlingskindes diskutiert. Kroatien öffnet Grenzübergänge wieder. Henning Mankell äußert sich.
Nach monatelangem Ringen haben sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die deutschen Ministerpräsidenten auf eine Neuausrichtung der Asyl- und Flüchtlingspolitik geeinigt. Danach stockt der Bund seine Finanzhilfe für die Länder 2016 auf vier Milliarden Euro auf. In diesem Jahr fließen zwei Milliarden Euro, doppelt soviel wie bisher zugesagt. Im Einzelfall bedeutet dies: Der Bund übernimmt künftig eine monatliche Kostenpauschale von 670 Euro pro Flüchtling. Der Popularität von Kanzlerin Merkel nützt das nicht unbedingt.
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Bild eines Flüchtlings-Mädchens berührt Polizisten
19.41 Uhr: Die schockierende Zeichnung des Flüchtlingskindes ist zweigeteilt: Unter der syrischen Flagge ist auf der linken Seite ein zerstörtes Haus zu sehen, abgetrennte Gliedmaßen liegen auf der Straße, aus dem Hinterhalt wird geschossen, und ein Kind mit einem abgerissenen Fuß läuft an Krücken. Im rechten Teil steht unter der deutschen Flagge ein großes Haus mit einem langen Zufahrtsweg und Menschen mit Koffern. Die deutsche Fahne und die Polizei sind jeweils von roten Herzen umrahmt. Ein unbekanntes Kind - vermutlich ein Mädchen - hat dieses Bild bei der Bundespolizei in Passau an die Wand gehängt. Jetzt hat die Bundespolizei die Zeichnung bei Twitter veröffentlicht.
„Dass das Kind auch die Polizei mit einem roten Herz gemalt hat, berührt die Kollegen natürlich und gibt ihnen eine weitere Motivation für die Arbeit“, so ein Beamter. Ein solches Bild, das das Schicksal der Flüchtlinge so drastisch aufzeigt, lässt niemanden unberührt“, so der Sprecher der Bundespolizeidirektion München, Fabian Hüppe.
Kroatien öffnet Grenzen wieder
19.11 Uhr: Kroatien hat auf den Druck der EU reagiert und zwei seiner geschlossenen Grenzübergänge zu Serbien geöffnet. Die Öffnung des Übergangs Bajakovo an der Autobahn E70 zwischen Belgrad und Zagreb sowie des Übergangs bei Tovarnik gelte „ohne Beschränkung“, hieß es. Kroatien hatte seine Grenze zu Serbien geschlossen, um den Nachbarn zu zwingen, nicht mehr wie bisher Zehntausende Flüchtlinge an die gemeinsame Grenze zu transportieren. Ob Serbien Zugeständnisse in dieser Hinsicht gemacht hatte, war zunächst nicht bekannt.
Merkels Popularität bröckelt
15.39 Uhr: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist in einer neuen Umfrage zu den wichtigsten Politikern auf Platz vier abgerutscht. Auf einer Skala von plus 5 bis minus 5 kommt sie im neuen ZDF-„Politbarometer“ nur noch auf einen Durchschnittswert von 1,9, das ist ihr schlechtester Wert in dieser Legislaturperiode. Im September hatte sie noch 2,4 erreicht. Auch im Wahltrend von „Stern“ und RTL hatte Merkel bei ihrer Popularität gleich drei Punkte auf jetzt nur noch 49 Prozent eingebüßt, ihr niedrigster Wert in diesem Jahr. Ein Grund für die sinkende Beliebtheit der Kanzlerin und CDU-Vorsitzenden dürfte ihre Flüchtlingspolitik sein. 50 Prozent der Bundesbürger zeigen sich im ZDF-„Politbarometer“ mit der großzügigen Aufnahme von Flüchtlingen einverstanden, 43 Prozent sind in puncto Asyl mit Merkel nicht zufrieden.
Beliebtester Politiker in der Umfrage ist weiterhin Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit 2,1 Punkten (September: 2,4). Auf Platz zwei ist Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) aufgerückt (2,0; Sept.: 2,1). Neu ist der CDU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Bosbach auf dem dritten Platz (1,9). Er ist einer der entschiedensten Gegner der Rettungspakete für Griechenland.
Grüne stimmen Paket zu
15.24 Uhr: Von den Grünen mitregierte Bundesländer werden das Paket zur Flüchtlingspolitik mittragen und damit die notwendige Mehrheit am 16. Oktober im Bundesrat sichern. Der Grünen-Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, kündigte für sein Land ebenso Zustimmung an wie die schleswig-holsteinische Landesregierung aus SPD, Grünen und SSW. Auch die Grünen in Hamburg, die dort mit der SPD regieren, wollen dem Bund-Länder-Kompromiss zustimmen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich mit den Ministerpräsidenten auf eine weitreichende Neuausrichtung der Asyl- und Flüchtlingspolitik verständigt. Der Bund stockt seine Mittel für Flüchtlinge weiter auf.
Henning Mankell: Wir leben in einer Welt der Flüchtlinge
14.26 Uhr: Der schwedische Schriftsteller und Bestseller-Autor Henning Mankell sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung": "Ich glaube, dass es in Europa viel Heuchelei in der Art gibt, wie die Flüchtlinge gezählt werden. Auf fünfhundert Einwohner kommt hier vielleicht ein Flüchtling, das ist sehr wenig. Die meisten Flüchtlinge gehen von einem armen Land in ein anderes. Es ist also schon geheuchelt, wenn man sagt, wir würden von Flüchtlingen geflutet - das werden wir nicht." Mankell sagte, er sei sehr vielen Flüchtlingen begegnet. Dass manche auch über ihre Geschichte lügen, finde er normal. Mankell sagte, die Situation in Europa sei nun mal eine Herausforderung: "Wir leben in einer Welt der Flüchtlinge, so ist es eben. Und wir erleben jetzt erst den Anfang. Wir werden bald die Klimaflüchtlinge kommen sehen. Ich lebe vielleicht nicht mehr lange genug, um das zu erleben, aber es wird kommen."
Flüchtlinge: Impressionen aus Hamburg und Europa
Gefälschtes Landratsschreiben zu Flüchtlingsunterbringung
13.50 Uhr: Ein gefälschtes Landratsschreiben im Kreis Oberhavel hat bei Einwohnern Verwirrung gestiftet. Der vorgeblich vom Landrat erstellte Brief informiert Einwohner über eine Zwangsaufnahme von Geflüchteten in ihren Privatwohnungen. Es sei umgehend Anzeige erstattet worden, teilte das Büro des Landrats am Freitag mit. „Das ist eine ganz perfide Methode, die Bemühungen des Landkreises bei der Unterbringung von Asylbewerbern zu unterlaufen und die Bürgerinnen und Bürger zu verunsichern“, sagte Landrat Ludger Weskamp (SPD). Er vermutet einen rechten Hintergrund.
Weskamp rief dazu auf, sich von der Fehlinformation nicht verunsichern zu lassen. Seit dem Morgen hätten sich viele Einwohner mit Fragen beim Landrat gemeldet, berichtete eine Sprecherin. Laut einem Polizeisprecher ermittelt der Staatsschutz in dem Fall. Es handele sich um eine dreiste Fälschung. Bei der Polizei seien bereits zahlreiche Anrufe aus mehreren Orten eingegangen.
Das Schreiben behauptet, dass der Landkreis in Privatwohnungen Asylbewerber unterbringen müsse. Pro Einwohner seien zwölf Quadratmeter Raum vorgesehen.
Seehofer bleibt nach Gipfel skeptisch
13.27 Uhr: CSU-Chef Horst Seehofer gibt sich mit den Ergebnissen des Berliner Flüchtlingsgipfels nur teilweise zufrieden. Seehofer pocht insbesondere weiter auf eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen. Er sei für den Augenblick sehr zufrieden mit diesem Zwischenschritt, von den strukturellen Veränderungen bis zur Finanzbeteiligung des Bundes an den Asylkosten, sagte Seehofer nach Angaben einer Sprecherin am Freitag in Berlin.
„Aber wir müssen weiter sehr auf eine Begrenzung der Zuwanderung achten, nicht weil es keinen guten Willen gäbe, sondern weil die Aufnahmekapazitäten begrenzt sind. Wir dürfen die Belastungsgrenze unsere Landes nicht überschreiten“, sagte Seehofer demnach. Jetzt müsse an der Umsetzung kräftig gearbeitet werden.
Flüchtlinge in Sachsen-Anhalt im Hungerstreik
12.29 Uhr: In Griebo bei Wittenberg in Sachsen-Anhalt sind Flüchtlinge in einen Sitz- und Hungerstreik getreten. Sie würden seit Donnerstag eine Unterbringung in Wohnungen fordern, bestätigte ein Sprecher des Landkreises Wittenberg einen Bericht der in Halle erscheinenden „Mitteldeutschen Zeitung“ (Freitagsausgabe). Die bis zu 20 streikenden Asylbewerber sind laut Kreisverwaltung in einer Mehrzweckhalle des Dorfes untergebracht, die mit etwa 110 Personen belegt ist.
Die protestierenden Flüchtlinge sitzen seit Donnerstag vor dem Feuerwehrgebäude in Griebo. Sozialarbeiter seien in Kontakt mit ihnen, betonte die Kreisverwaltung. Wenn nötig, könne auch kurzfristig medizinische Hilfe geleistet werden. Bisher seien im Landkreis Wittenberg Flüchtlinge auch in Wohnungen untergebracht worden. Allerdings sei die Verwaltung durch den hohen Anstieg der Flüchtlingszahlen dabei an die Grenzen gekommen. Der Polizei zufolge gab es bislang keine Zwischenfälle.
UNHCR rechnet mit weiterem Flüchtlingsstrom
12.22 Uhr: Der Nahost-Direktor des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR, Amin Awad, rechnet nicht damit, dass der Zustrom von täglich etwa 8000 Flüchtlingen nach Europa abebbt. Dies könnte nur die Spitze eines Eisbergs sein, sagte er in Genf.
Die Bundesregierung schätzt derweil, dass etwa 30 Prozent der Flüchtlinge, die sich bei der Einreise nach Deutschland als Syrer ausgeben, gar keine Syrer sind. Ein Sprecher des Innenministeriums sagt, die Zahl sei eine Schätzung auf Basis der Wahnehmung der Behörden vor Ort. Statistiken dazu gebe es nicht.
Flüchtlingsbus in Finnland angegriffen
12 Uhr: In Finnland ist ein Bus mit Flüchtlingen von Demonstranten angegriffen worden. Das Fahrzeug wurde in Lahti im Süden des Landes mit Steinen und Feuerwerkskörpern beworfen, berichten finnische Medien. Einer der zwischen 30 und 40 Randalierer trug ein weißes Kostüm in der Art der rassistischen US-Gruppe Ku-Klux-Klan. In dem Bus saßen 40 Flüchtlinge, darunter Kinder.
Nieheims Bürgermeister rechtfertigt Kündigungen
11.35 Uhr: Der Bürgermeister der westfälischen Kleinstadt Nieheim, Rainer Vidal (parteilos), hat die Entscheidung verteidigt, Mietern städtischer Wohnungen zugunsten von Flüchtlingen zu kündigen. Grund für die Kündigung sei die große Zahl junger männlicher Flüchtlinge, die der Stadt zugewiesen worden seien, sagte Vidal am Freitag im WDR-Radio. Die Stadt müsse für geeigneten Wohnraum für bis zu 30 Flüchtlinge sorgen, um sie in Gruppen unterzubringen.
Die Kleinstadt mit gerade einmal 6.500 Einwohnern im Kreis Höxter hatte mit der Entscheidung bundesweit Kritik ausgelöst, zwei Mietern wegen Eigenbedarf zu kündigen, um dort Flüchtlinge unterzubringen. Der Deutsche Mieterbund nannte das Vorgehen „rechtlich problematisch und politisch katastrophal“.
Die Alternative zu der Belegung städtischer Wohnungen sei die Unterbringung der Asylsuchenden in einer Turnhalle, sagte Vidal im WDR. Dies wolle er vermeiden, da von einer solchen Maßnahme 700 Schüler und 300 Vereinssportler betroffen wären.
Nach einem Bericht des „Westfalen-Blattes“ will die Stadt den bisherigen Mietern bei der Wohnungssuche helfen. Eines der Mietverhältnisse ist dem Bericht zufolge einvernehmlich zu Ende August 2016 aufgelöst. Eine weitere Mieterin ist mit der Kündigung nicht einverstanden.
Nahles für Arbeitsmarkt-Integration optimistisch
11.18 Uhr: Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles sieht in den Beschlüssen von Bundesregierung und Ministerpräsidenten "gute Signale für eine schnelle Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt". Wissenschaftler sagen wegen der Flüchtlinge steigende Arbeitslosenzahlen im kommenden Jahr voraus.
Massenschlägerei in Leipziger Notunterkunft
11.07 Uhr: In einer Leipziger Flüchtlingsnotunterkunft ist es am Donnerstagabend zu einer Massenschlägerei gekommen. An der Auseinandersetzung in der Messehalle 4 seien etwa 100 bis 200 Syrer und Afghanen beteiligt gewesen, sagte Polizeisprecherin Katharina Geyer am Freitag in Leipzig dem Evangelischen Pressedienst (epd) auf Anfrage. Erst mit einem Großaufgebot habe die Polizei die Situation unter Kontrolle gebracht. Insgesamt sind in der Messehalle-Erstaufnahmeeinrichtung mehr als 1.800 Menschen untergebracht.
Der Auseinandersetzung sei die mutmaßliche Bedrohung eines elfjährigen syrischen Mädchens durch einen Afghanen vorausgegangen. Der Tatverdächtige habe ein Messer auf sie gerichtet, sagte die Sprecherin. Das Mädchen sei daraufhin zu einem Verwandten gegangen und habe sich diesem anvertraut. Danach sei es zur Auseinandersetzung zwischen diesem und dem Angreifer gekommen. Später entwickelte sich daraus eine Massenschlägerei.
Am Donnerstagabend hatten in der Unterkunft mehr als 900 Syrer, rund 200 Afghanen und rund 200 Iraker das islamische Opferfest begangen. Das Fest sei jedoch nicht die Ursache der Schlägerei gewesen, sagte die Sprecherin der Polizei.
Nach der Schlägerei hätten sich die Afghanen geweigert, in ihre Unterkunft zurückzukehren, sagte Geyer. Die Flüchtlinge campierten indes auf der Freifläche vor der Messehalle. Die Polizei ermittelt unter anderem wegen Nötigung mit dem Messer und Körperverletzung.
Wieder mehr Flüchtlinge nach Österreich
10.56 Uhr: In Österreich kommen wieder mehr Flüchtlinge an. Allein zwischen Mitternacht und 7 Uhr früh seien im Grenzort Nickelsdorf 5700 Menschen gezählt worden, sagte ein Polizeisprecher. Am gesamten Donnerstag waren es 7700.
In Deutschland hatte die Bundespolizei am Donnerstag 1874 neu angekommene Flüchtlinge gezählt. Davon seien 1692 an der deutsch-österreichischen Grenze registriert worden, sagt ein Sprecher des Bundespolizeipräsidiums Potsdam.
Grüner Habeck unterstützt Bund-Länder-Kompromiss
10.37 Uhr: Schleswig-Holsteins Vize-Regierungschef Robert Habeck von den Grünen unterstützt die Bund-Länder-Vereinbarungen zur Flüchtlingspolitik. „Die Beschlüsse stellen eine gute, tragfähige Grundlage für die nächsten Schritte dar“, sagte der Umweltminister am Freitag. Es sei sehr respektabel, dass die Union von vormaligen Vorstellungen abgerückt sei. Aus Habecks Sicht konnten die Grünen einen großen Teil ihrer Punkte durchsetzen. „Ich werde dafür werben, dass der Kompromiss im Bundesrat eine Mehrheit erhält.“ Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich mit den Ministerpräsidenten am Vorabend auf eine weitreichende Neuausrichtung der Asyl- und Flüchtlingspolitik verständigt. Der Bund stockt seine Mittel weiter auf.
Bouffier zufrieden mit Flüchtlingsgipfel
9.28 Uhr: Hessens Regierungschef Volker Bouffier hat die Einigung von Bund und Ländern bei der Kostenverteilung für Flüchtlinge als „gutes Ergebnis“ bezeichnet. „Wir haben wesentliche Dinge nach vorne bringen können“, sagt der CDU-Politiker dem Hörfunksender hr-info. Der Bund habe sich am Donnerstagabend beim Gipfel mit den Ländern in Berlin „deutlich bewegt“. Auch die Einigung auf deutlich schnellere Asylverfahren sei ein Fortschritt. „Der Bund hat sich verpflichtet, innerhalb von drei Monaten zu entscheiden, ob jemand bleiben kann oder nicht. Das ist die Schlüsselfrage.“
Für die Forderungen der Kommunen habe er großes Verständnis, sagte Bouffier. Die vereinbarte finanzielle Hilfe für Länder und damit auch für die Kommunen sei jedoch ein ordentlicher Kompromiss. „Wir werden die Kommunen gut behandeln.“ Eine Verdopplung der künftig 670 Euro pro Flüchtling und Monat, wie von einigen Bürgermeistern gefordert, könne niemand leisten.
Der Bund stellt in diesem Jahr insgesamt zwei Milliarden Euro und 2016 vier Milliarden für die Flüchtlingshilfe zur Verfügung. Das meiste Geld soll für Versorgung und Unterbringung der Flüchtlinge aufgebracht werden.
Schwesig: Mehr Therapieangebote für unbegleitete Flüchtlingskinder
9.21 Uhr: Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) will die Situation minderjähriger Flüchtlinge verbessern, die unbegleitet nach Deutschland geflohen sind. Insbesondere soll die psychologische und therapeutische Betreuung optimiert werden, wie Schwesig am Freitag im ARD-„Morgenmagazin“ erklärte. „Der Mangel an Therapieplätzen ist schon lange ein Problem. Es muss ja auch bezahlt werden“, sagte sie. Allein in Dortmund seien 1.800 Jugendliche betroffen.
Um unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen eine bessere Betreuung zukommen zu lassen, sollen sie nach den jüngsten Beschlüssen von Bund und Ländern nun im ganzen Land verteilt werden können. „Das ist im Sinne der Kinder“, betonte die Familienministerin, denn derzeit könne die kind- und jugendgerechte Versorgung an den Ankunftsorten in den Ballungszentren kaum noch gewährleistet werden. Deshalb sollten Kapazitäten in den Ländern genutzt werden, wo bislang kaum Jugendliche betreut werden.
Bund und Länder hatten sich nach monatelangem Ringen am späten Donnerstagabend bei der Kostenverteilung für die Versorgung von Flüchtlingen geeinigt. Bei einem Treffen im Kanzleramt verständigten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten am auf eine monatliche Kostenpauschale von 670 Euro pro Flüchtling, die der Bund künftig übernehmen wird. Nicht nur für jugendliche Flüchtlinge, auch für den sozialen Wohnungsbau plant der Bund höhere Ausgaben.
Merkel mit Vertrauensverlust im Osten
9.12 Uhr: In Ostdeutschland sinkt laut einer Umfrage das Vertrauen in Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Auf die Frage, welchen Politikern sie derzeit am meisten vertrauen, nannten nach einem Bericht der „Thüringischen Landeszeitung“ (Freitag) im aktuellen INSA-Meinungstrend 24 Prozent Merkel. Im August waren es noch 32 Prozent. Bei den Westdeutschen legte Merkel dagegen leicht zu, von 31 auf 33 Prozent.
Das Erfurter INSA Institut befragte vom 18. bis 21. September in ganz Deutschland 2187 repräsentativ ausgesuchte Bundesbürger. Bundesweit sprachen 32 Prozent Merkel ihr Vertrauen aus und damit etwas mehr als vor einem Monat (31 Prozent).
„Das Thema Flüchtlinge verändert die politische Stimmung in Deutschland mit signifikanten Unterschieden zwischen Ost und West“, sagte INSA-Chef Hermann Binkert der Zeitung.
Im aktuellen, vom Forsa-Institut für „Stern“ und RTL ermittelten Wahltrend war Merkels Popularität auf den niedrigsten Wert dieses Jahres gefallen.
Landeschefs zufrieden mit Flüchtlingsgipfel
8.50 Uhr: Die SPD-Landeschefs sind mit den Ergebnissen des Flüchtlingsgipfels in Berlin sehr zufrieden. „Der Bund nimmt jetzt endlich eine deutliche Verkürzung der Asylverfahren auf durchschnittlich drei Monate in Angriff“, sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) am Freitag in Hannover. „Bei einer konsequenten Umsetzung der vereinbarten Schritte erwarte ich eine weitreichende Entlastung der Kommunen.“
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig sagte: „Ich freue mich, dass es Bund und Ländern gemeinsam gelungen ist, eine tragfähige Lösung für diese schwierige Herausforderung zu finden." Deutschland sei handlungsfähig und zeige in dieser nationalen Frage Geschlossenheit.
Die einzelnen Punkte seien für das Land und besonders für seine Kommunen eine wichtige Unterstützung, äußerte Albig. Die vom Bund zugesagte finanzielle Hilfe sei dauerhaft, strukturell und an der Zahl der Flüchtlinge bemessen. „Damit wird eine wesentliche Forderung der Länder erfüllt.“ Der Bund komme auch der Forderung zur Schaffung eines Einwanderungskorridors für Menschen aus den Westbalkanländern und zur Unterstützung der Roma in ihren Herkunftsländern entgegen. „Im Gegenzug stimmen wir einer Erweiterung der sicheren Herkunftsländer zu“, erklärte Albig. Zudem sei es gelungen, unnötige Härten bei Leistungskürzung und Abschiebung abzumildern. Man sei sich aber auch einig, dass jene, die sich bewusst einer Abschiebung entzögen, Leistungskürzungen in Kauf nehmen müssten.
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) bezeichnete die Ergebnisse des Flüchtlingsgipfels als Schritt in die richtige Richtung. Besonders wichtig sei, dass die Zahlungen für Flüchtlinge dynamisch angepasst werden sollen, sagte Müller am Freitag im Inforadio des RBB. Es werde jeweils nachgerechnet, ob die festgelegte, vom Bund zu zahlende Kopfpauschale je Flüchtling und Monat von 670 Euro auch ausgereicht habe. Er begrüßte auch, dass der Bund schnell mehr Personal bereitstelle.
Auch Nordrhein-Westfalens Landeschefin Hannelore Kraft (SPD) begrüßte die Ergebnisse des Flüchtlingsgipfels. „Die Summe stimmt“, sagte sie am späten Donnerstagabend im WDR. Es gebe eine dauerhafte, strukturelle Entlastung für die Betreuung der Flüchtlinge. Das sei eine gute Nachricht für die Kommunen.
Die vom Bund für 2016 zugesagten vier Milliarden Euro bezeichnete Kraft als „ordentliche Summe“. Zudem würden die Asylverfahren künftig beschleunigt, weil der Bund daran nun ein eigenes Interesse habe.
HA/dpa/epd/rtr