Niedersachsens Verkehrsminister Bode (FDP) will lieber den Kraftstoff um 13 Cent je Liter verteuern, statt eine Kfz-Steuer einzuführen.

Berlin. Wann immer die Pkw-Maut zum Gegenstand aufgeregter Debatten wird, sind die Fronten üblicherweise schnell geklärt: Die CSU will die Maut so schnell wie möglich, die CDU will sie lieber nicht, und die FDP will die Pkw-Maut auf gar keinen Fall. Und die Bundeskanzlerin lässt grundsätzlich ausrichten, das Thema stehe nicht im Koalitionsvertrag und sei damit auch nicht ihr Thema. Kompromissvorschläge? Bislang Fehlanzeige.

Jetzt allerdings gibt es Bewegung in der FDP. Ein liberaler Alternativvorschlag steht im Raum, der die vollständige Umlegung der Kfz-Steuer auf die Mineralölsteuer vorsieht. Das Konzept des niedersächsischen Vizeministerpräsidenten und Verkehrsminister Jörg Bode sieht vor, auf diesem Weg die Pkw-Maut zu umgehen. Die Quintessenz des Bode-Vorstoßes lautet: Die Mineralölsteuer steigt pro Liter um 13 Cent. Dafür zahlt der Fahrzeughalter nur Steuern, wenn er tankt. "Wenn wir den festen Mineralölsteuersatz um 13 Cent pro Liter anheben, dann brauchen wir keine Kfz-Steuer mehr", sagte Bode dem Hamburger Abendblatt. "Das wäre eine denkbare Rechnung. Die Mineralölsteuer für einen Liter Benzin müsste von 65 Cent auf 78 Cent steigen, für einen Liter Diesel von 47 Cent auf 60 Cent", rechnete der Minister vor. "Damit vermeiden wir eine zusätzliche Belastung der Autofahrer und schaffen ein gerechtes System, das allein auf dem Kraftstoffverbrauch basiert", warb Bode für sein Modell.

Darüber hinaus würden durch die Umlegung auf die Treibstoffpreise erhebliche Verwaltungskosten - in der Größenordnung von 500 Millionen Euro - eingespart. Der zusätzliche Betrag in der Mineralölsteuer müsse eins zu eins in die Infrastruktur fließen und dürfe nicht irgendwelche Löcher im Bundeshaushalt stopfen, forderte Bode. Er kündigte an, in der Koalition in Berlin und in der FDP-Bundestagsfraktion für den Vorschlag zu werben.

Momentan nimmt der Staat gut 40 Milliarden Euro durch die Mineralölsteuer ein, durch die Kfz-Steuer etwa acht Milliarden Euro. Doch die Verwaltungskosten, die der Bund für beide Steuerarten trägt, unterscheiden sich erheblich. Während bei den Einnahmen der Kfz-Steuer 2,6 Prozent Verwaltungskosten anfallen, liegen sie bei der Mineralölsteuer nur bei 0,02 Prozent.

Auch deshalb ist FDP-Mann Bode für "einen Systemwechsel" in der Infrastrukturfinanzierung. Seinen Angaben nach fließen derzeit neun Milliarden Euro in den Bau und Erhalt der Bundesfernstraßen. "Es werden mittelfristig laut Bundesverkehrswegeplan allerdings zwölf Milliarden Euro pro Jahr nötig", warnte Bode. Mit dem Systemwechsel könne man die Finanzierungslücke in der Infrastruktur weiter schließen. "Denn auch Fahrer aus dem Ausland können dann an deutschen Tankstellen ihren Beitrag leisten. Das würde auch den berechtigten Wünschen des Bundesverkehrsministers gerecht." Er warnte zugleich vor der Einführung der Pkw-Maut, die "einen enormen Aufwand bedeuten" würde, sollte sie streckenbezogen und elektronisch erfasst werden.

Bode kritisierte auch die Idee einer Vignette: "Eine Vignette bestraft Wenigfahrer und belohnt Vielfahrer." Die tatsächliche Nutzung der Autobahnen werde nicht berechnet. Er betonte: "Unser System ist rein verbrauchsbezogen und damit am gerechtesten." So würde bei der Anhebung der Mineralölsteuer um 13 Cent und gleichzeitiger Abschaffung der Kfz-Steuer ein Fahrer eines Golf Diesels mit einer Jahreslaufleistung von 20 000 Kilometern unterm Strich weniger belastet werden als vorher. Während er jetzt knapp 300 Euro an Steuern zahlt, würde ihn die erhöhte Mineralölsteuer bei einem Verbrauch von fünf bis sechs Litern auf 100 Kilometern rund 130 bis 150 Euro zusätzlich kosten.

Die CSU hatte zuletzt vor allem mit der Ungerechtigkeit argumentiert, dass deutsche Autofahrer im Ausland Gebühren zahlen müssten, ausländische Fahrer in Deutschland aber nicht. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt hatte noch am Wochenende auf den Missstand hingewiesen und die FDP provoziert: "Das ist weder fair noch liberal. Das muss auch die FDP einsehen." Auch Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) wird in der Mautfrage langsam aktiver. Er rief kürzlich quasi zum Ideenwettbewerb auf, damit die Verkehrswege endlich saniert werden können. Wer eine bessere Idee habe als die Maut - "bitte sehr, her damit", sagte Ramsauer. Sein Haus hatte bereits im Frühling Berechnungen vorgelegt, die ja nach Finanzbedarf des Bundes eine jährliche Maut zwischen 80 und 365 Euro vorsehen. Für den Verkehrsminister steht fest: Die Straßen sind in einem beklagenswerten Zustand, und die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur wird in Zukunft auf erhebliche Zusatzeinnahmen angewiesen sein.

Irgendeine Maßnahme muss demnach getroffen werden, denn die 4,5 Milliarden Euro an Einnahmen aus der Lkw-Maut allein reichen nicht mehr aus. Nur wenige in der CDU sehen es wie Ramsauer. So hatte schon vor Monaten der Wirtschaftsflügel der Partei sein Interesse an der Einführung einer Vignette bekundet, wenn gleichzeitig die Kfz-Steuer abgesenkt und mittelfristig abgeschafft wird. Genug Vorbilder für Straßennutzungsgebühren hätte Deutschland: In Frankreich ist das gesamte Autobahnnetz mautpflichtig - abgerechnet wird nach gefahrener Strecke. Auch Italien verlangt eine Maut, während neben Österreich etwa die Schweiz, Tschechien, Slowenien, Ungarn, Rumänien und Bulgarien einen Vignettenkauf verlangen.

In der FDP-Spitze wurden alle bisherigen Maut- oder Vignettenvorschläge schroff abgelehnt. Wie Parteichef Philipp Rösler und Generalsekretär Christian Lindner die liberale Kompromissidee aus Niedersachsen aufnehmen, dürfte also spannend werden. Lindner zumindest zeigte sich gestern bereits reichlich genervt von der CSU. Es sprach von einer "Maut-Quengelei" und stellte der CSU großzügig frei, mit ihrer Forderung nach einer Pkw-Maut in den Bundestagswahlkampf zu ziehen. Bis dahin aber werde es "mit der FDP aus guten Gründen keine weitere Mehrbelastung der Autofahrer angesichts der Benzinpreise und der drohenden Steigerung der Energiekosten geben", sagte Lindner.