De Maizière plant schärfere Sicherheitsgesetze und stellt sich damit gegen FDP-Politikerin Leutheusser-Schnarrenberger.

Berlin. In der Regierungskoalition bahnt sich Streit über die von Innenminister Thomas de Maizière geplante Verschärfung der Sicherheitsgesetze. Der CDU-Politiker will Polizei, Staatsanwaltschaft und Geheimdiensten nach Angaben aus Regierungskreisen mehr Befugnisse geben. Außerdem sollen bisher befristete Anti-Terror-Gesetze verlängert werden. Dagegen plädierte Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger am Freitag im Hamburger Abendblatt dafür, auf manche Anti-Terror-Gesetze zu verzichten. Es müsse geprüft werden, welche der Maßnahmen überhaupt etwas gebracht hätten, forderte die FDP-Politikerin. "Wir haben uns in der Koalition darauf verabredet, mit dem Stakkato immer neuer Sicherheitsgesetze aufzuhören", sagte Leutheusser-Schnarrenberger dem Abendblatt. Die auslaufenden Anti-Terror-Gesetze wolle sie "in dieser Wahlperiode grundlegend überprüfen".

Für Montag ist ein Treffen von Innen- und Justizministerium und den rechtspolitischen Sprechern von Union und FDP anberaumt.

"Ich kann bestätigen, dass wir ständig darüber nachdenken, wie man die Verbrechensbekämpfung effektiver gestalten kann", sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums. Es gehe allerdings nicht um neue Forderungen, sondern besonders um verschiedene Regelungen aus einem früheren Anti-Terror-Paket, die bisher bis Januar 2012 befristet seien. Auch der Vorsitzende des Innenausschusses des Bundestages, Wolfgang Bosbach (CDU), sagte dem Hamburger Abendblatt, ihm seien keine Pläne für ein neues Anti-Terror-Paket bekannt. Es geht lediglich um "punktuelle Veränderungen" bereits bestehender Regelungen. "Richtig ist, dass wir regelmäßig überprüfen, ob wir bestimmte Anti-Terror-Gesetze noch brauchen oder nicht. Richtig ist aber auch, dass sich die Terrorgefahr nicht beruhigt hat. Im Gegenteil. Seit Anfang 2009 stellen wir fest, dass sich die Sicherheitslage sogar noch verschärft hat", sagte Bosbach.

"Welt Online" berichtet von einem Eckpunktepapier aus dem Innenministerium, demzufolge de Maizière dem Verfassungsschutz die Erlaubnis zur sogenannten "Quellen-Telekommunikationsüberwachung" geben wolle. Damit erhielte der Inlandsgeheimdienst eine Rechtsgrundlage, um verschlüsselte Kommunikation, wie sie zum Beispiel bei Internettelefonie üblich ist, zu überwachen. Außerdem sollen sämtliche Geheimdienste Kontostammdaten abfragen dürfen. Dabei geht es um Daten von Bankkunden wie Name, Kontonummer oder Verfügungsberechtigte. In der Strafprozessordnung soll eine Verwertungsbefugnis für mittels einer Online-Durchsuchung gewonnene Daten festgeschrieben werden. Das würde bedeuten, dass die Online-Durchsuchung nicht mehr nur zur Abwehr drohender Terrorgefahren durch das Bundeskriminalamt verwendet werden dürfte, sondern auch als reguläres Beweismittel im Strafprozess.

Im Strafgesetzbuch wünscht sich de Maizière eine Verschärfung der Vorschriften zum Staatsschutz. Die Sympathiewerbung für eine terroristische Vereinigung, "öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften", wie es in dem Eckpunktepapier aus dem Innenministerium heißt, soll unter Strafe gestellt werden. Außerdem wird angestrebt, die Bildung einer terroristischen Vereinigung auf Taten auszudehnen, die im Ausland begangen werden. Schließlich ist eine obligatorische Strafmaßerhöhung für alle Taten mit Terrorbezug vorgesehen.

Die meisten der angestrebten neuen Sicherheitsgesetze gehen dem "Welt"-Bericht zufolge auf einen von de Maizières Amtsvorgänger Wolfgang Schäuble erstellten Wunschkatalog zurück, der wenige Tage vor der Bundestagswahl 2009 bekannt wurde. Leutheusser-Schnarrenberger hatte damals von einer Horrorliste gesprochen.

In der FDP-Fraktion stießen die Vorschläge aus dem Innenministerium auf Unverständnis. Hartfrid Wolff, der Vorsitzende des FDP-Arbeitskreises Innen und Recht sagte dem Abendblatt: "Ich sehe nicht, dass wir im Koalitionsvertrag weitere Sicherheitsgesetze vereinbart hätten. Insofern hat mich der Vorstoß von Herrn de Maizière doch sehr überrascht."

Der Innenminister habe "eine ganze Reihe von Punkten aus dem Koalitionsvertrag, um die er sich erst mal kümmern sollte", forderte Wolff. Er übte scharfe Kritik am Koalitionspartner: "Herr de Maizière prescht aus meiner Sicht vor und versucht, sich mit einer unnötigen Debatte im konservativen Lager zu profilieren."

Wolff mahnte die Union, bei der Sicherheitsgesetzgebung Ruhe zu bewahren. Beim nächsten strittigen Thema, der Vorratsdatenspeicherung, prüfe die EU-Kommission beispielsweise gerade die bisher getroffene Richtlinie: "Die Ergebnisse der Evaluierung erwarten wir bis Ende des Jahres, ich sehe in diesem Punkt deshalb auch keinen Anlass zur übertriebener Eile."