Führende Manager und Prominente wie Oliver Bierhoff unterzeichneten ein Schreiben gegen die geplante Brennelementesteuer.

Berlin. Die Einführung der Brennelementesteuer könnte von der Atomlobby doch noch verhindert werden. Führende Unionspolitiker rücken schon von der Idee der Einführung einer solchen Steuer ab. Die Unionsfraktion im Bundestag favorisiert nun einen Vertrag mit den Stromkonzernen. Auch Fraktionschef Volker Kauder (CDU) will einen solchen Vertrag zur Abschöpfung der Milliarden-Gewinne bei längeren Laufzeiten. Die Kritik an der schwarz-gelben Energiepolitik wird nun auch in der Wirtschaft schärfer. Führende Manager und Politiker wollen in Anzeigen in großen Tageszeitungen vor der Einführung einer Atomsteuer und fordern längere Laufzeiten der Atomkraftwerke.

„Eine vertragliche Einigung mit der Energiewirtschaft wäre für mich immer besser als eine Besteuerung“, sagte Volker Kauder der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) war zuletzt von einer Atomsteuer abgerückt.

Auch in der Wirtschaft wird der Widerstand gegen die schwarz-gelbe Energiepolitik schärfer. An diesem Sonnabend wollen gut 40 namhafte Manager, Politiker und Prominente Anzeigen in großen Tageszeitungen schalten. Zu den Unterzeichnern zählen Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, Bahn-Chef Rüdiger Grube, RWE-Chef Jürgen Großmann oder die früheren SPD-Minister Otto Schily und Wolfgang Clement. Auch der Manager der Fußball-Nationalmannschaft Oliver Bierhoff unterzeichnete das Schreiben.

In dem Aufruf wird für deutlich längere Laufzeiten der Kernkraftwerke geworben und vor einer Atomsteuer gewarnt. „Eine Politik, die darauf setzt, den Haushalt mit neuen Energiesteuern zu sanieren, blockiert die notwendigen Investitionen in die Zukunft“, heißt es in dem „Energiepolitischen Appell“, der dem „Handelsblatt“ und der Nachrichtenagentur dpa vorlag. Eine sichere, saubere und bezahlbare Energie sei für die Industrienation Deutschland unverzichtbar.

Regierungssprecher Steffen Seibert wies den Eindruck zurück, es handele sich um eine Art Aufstand der Managerzunft gegen Merkel. Er betonte, die Bundeskanzlerin sehe in dieser Anzeige „einen vollkommen erlaubten Diskussionsbeitrag“. Die Regierung werde ein Energiekonzept der Vernunft auf die Beine stellen.

Das Bundeskabinett will nach bisherigen Planungen am 1. September über das Haushaltsbegleitgesetz mit dem schwarz-gelben Milliarden- Sparpaket entscheiden. Teil des Gesetzes ist die Atomsteuer, aus der jährlich 2,3 Milliarden Euro in den Bundesetat fließen sollen. „Derzeit gehen wir davon aus, dass es eine Brennelementesteuer ist“, sagte Seibert. Er wies aber auf die Gespräche über Alternativen hin. Klarheit werde es bis zur Kabinettssitzung geben.

Das Finanzministerium verhandelt derzeit mit den Stromkonzernen. Die Atomindustrie lehnt eine Steuer strikt ab und will einen Vertrag über die Zahlung von Milliardensummen aus den Zusatzgewinnen bei längeren Laufzeiten unterschreiben. Die Versorger fürchten, dass SPD und Grüne eine Steuer nach einem Wahlsieg in drei Jahren nutzen könnten, um die Atombetreiber noch stärker zu schröpfen.

+++Die Liste der Unterzeichner+++

Die Regierung steht unter Zeitdruck. Schon in der nächsten Woche liegen Gutachten vor, wie lange die Atommeiler zu welchen Bedingungen am Netz bleiben könnten. Ende September soll das neue Energiekonzept beschlossen werden. Umwelt- und Finanzministerium räumten jetzt offen Differenzen ein.

Das Umweltministerium wies zwar einen Medienbericht über ein Veto gegen die volle Verwendung der Atomsteuer zur Haushaltssanierung zurück, meldete aber Gesprächsbedarf an. „Wie bisher vorgesehen muss bei einer Laufzeitverlängerung noch Spielraum für eine zusätzliche Gewinnabschöpfung vorhanden sein“, sagte eine Sprecherin von Umweltminister Norbert Röttgen (CDU). Der Koalitionsvertrag müsse eingehalten werden.

Ein Sprecher des Finanzministeriums wies auf das beschlossene Sparpaket mit einer Brennelementesteuer zur Haushaltssanierung hin: „Es gibt ja (...) die Einigkeit aus der Haushaltsklausur Anfang Juni. Dort gibt es auch Beschlüsse, und die Beschlüsse werden jetzt umgesetzt.“ Auch Kauder erteilte Überlegungen, neben einer Steuer mit einer weiteren Abgabe einen Großteil der erwarteten zweistelligen Milliardengewinne der Konzerne zu kassieren, eine klare Absage. „Ich halte davon nichts. Der Strom darf nicht noch teurer werden.“

Merkel lässt Kritik abperlen

Unterdessen ließ Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Kritik an sich abperlen. Die Kanzlerin ließ durch Regierungssprecher Steffen Seibert mitteilen, die Gegner der Atomkraft hätten sich bereits deutlich geäußert. Nun hätten sich die Befürworter einer Laufzeit-Verlängerung gemeldet. „Das gehört alles zu einer öffentlichen Diskussion“, sagte er.

Der künftige Energiemix müsse „sicher, sauber und bezahlbar“ sein“, fügte Seibert an. Der Industrie müsse es möglich sein, weiter in Deutschland Wohlstand zu erzeugen.