Kriminologe Christian Pfeiffer beklagt eine Machokultur vor allem unter Türken. Imame, die in deutschen Moscheen predigen, sollten in Deutschland ausgebildet werden

Hamburg. Gläubige muslimische Jugendliche in Deutschland sind deutlich gewaltbereiter als Migranten anderer Konfessionen. Zu diesem Schluss kommt eine Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsens, bei der rund 45 000 Schüler im Alter von 14 bis 16 Jahren befragt wurden, darunter gut 10 000 Migranten.

"Umso deutlicher die muslimischen Jungen im Glauben verankert sind, desto stärker ist auch ihr männlicher Dominanzanspruch", sagte Institutsdirektor Christian Pfeiffer dem Abendblatt. Demnach seien sie umso weniger integriert und umso gewalttätiger, je gläubiger sie seien.

Bei "sehr religiösen" muslimischen Jugendlichen liegt die Gewalttäter-Quote bei 23,5 Prozent - dem Höchstwert in der Studie. Bei nur "etwas religiösen" jungen Muslimen liegt der Anteil der Gewalttäter bei 19,6 Prozent. "Während bei türkischen Jugendlichen die Gewalttäter-Quote mit wachsender Religiosität zunimmt, ist bei christlichen Migranten eine gegenläufige Tendenz festzustellen: Je gläubiger sie sind, desto weniger gewalttätig sind sie", sagte Pfeiffer, ehemaliger Justizminister in Niedersachsen. Diese "Machokultur" unter türkischen Jugendlichen gehöre aber nicht zwingend zum Islam, sondern werde hierzulande von Imamen gepredigt, die wenig bis gar nichts mit der deutschen Kultur verbinde.

Pfeiffer stützt sich auch auf Ergebnisse des türkischstämmigen Religionswissenschaftlers Rauf Ceylan, der türkische Imame in Deutschland untersucht hat. Danach sei nur knapp ein Fünftel der Imame liberal und "intellektuell-offensiv" und würde sich positiv für eine soziale Integration der jungen Muslime in Deutschland einsetzen. "Offenkundig bewirkt der regelmäßige Moscheenbesuch bei religiösen jungen Türken eine kulturelle Entfremdung, die wir so nicht akzeptieren können", sagte Pfeiffer weiter. Da verwundere es nicht, dass sich von den sehr religiösen türkischen Jugendlichen nur 15 Prozent als Deutsche fühlen würden - obwohl 89 Prozent von ihnen hier geboren seien.

Pfeiffer fordert deshalb: "Man muss die Imame, die in deutschen Moscheen lehren und predigen, in Deutschland ausbilden." Entscheidend sei aber auch, die Bildungschancen junger Migranten zu verbessern. Wie das gehe, zeige das Beispiel der Bürgerinitiative "Mentor" in Hannover. Dort engagieren sich seit sieben Jahren 1500 Menschen ehrenamtlich, um junge Migranten schulisch zu fördern. "Die Erfolge sind eindeutig", sagte der Kriminologe. Die Gymnasialquote türkischer Jugendlicher habe sich fast verdoppelt, die Gewaltrate sei auf die Hälfte zurückgegangen. Aus der Studie geht hervor, dass nur jeder Zehnte sehr religiöse türkische Migrant ein Gymnasium besucht, unter weniger Gläubigen ist es jeder Fünfte.