Berlin. Die Deutschen trinken nach wie vor zu große Mengen Alkohol und rauchen zu viel. Dazu kommt nach Einschätzung der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) ein weiterhin hoher Konsum von illegalen Drogen und bei älteren Menschen in steigendem Maß der Gebrauch von süchtig machenden Medikamenten.

"Der Suchtmittelkonsum der Bundesbürger bleibt auf einem extrem hohen Niveau mit allen nicht hinnehmbaren Folgen und Risiken wie körperlichen und seelischen Erkrankungen, Gewalt oder Verletzte und Tote im Straßenverkehr", sagte DHS-Geschäftsführer Raphael Gaßmann bei der Vorstellung des "Jahrbuchs Sucht 2010" gestern in Berlin.

Mit einem Verbrauch von 9,9 Litern reinen Alkohols pro Kopf im Jahr 2008 stehe Deutschland laut Weltgesundheitsorganisation international auf Platz fünf nach Luxemburg, Irland, Ungarn und Tschechien, sagte Gaßmann. 9,5 Millionen Deutsche tränken Alkohol in gesundheitlich riskanter Weise. Über 73 000 Todesfälle jährlich gingen auf Alkohol zurück.

Der volkswirtschaftliche Gesamtschaden durch Alkoholkonsum werde pro Jahr auf 24,4 Milliarden Euro geschätzt, sagte Gaßmann weiter. Dem gegenüber stünden rund 3,5 Milliarden Euro Einnahmen aus der Alkoholsteuer. Für die Alkoholwerbung gebe die Industrie wiederum jährlich rund eine Milliarde Euro aus.

Zu den negativen Folgen des Trinkens kommt laut DHS der enge Zusammenhang zwischen Alkohol und Gewalt. Drei von zehn aufgeklärten Gewaltdelikten 2008 wurden unter Alkoholeinfluss verübt, das waren rund 52 381 Fälle. Opfer seien zumeist Frauen und Kinder im familiären Bereich. Bei von Jugendlichen verübten Gewalttaten standen durchschnittlich 25 Prozent der Tatverdächtigen unter Alkoholeinfluss.

Gewaltige Mehrkosten entstehen dem Gesundheitssystem auch durch die steigende Medikamentenabhängigkeit im Alter. 70 Prozent aller Medikamente in Deutschland würden von Senioren eingenommen. 1,7 bis 2,8 Millionen der über 60-Jährigen wiesen mittlerweile einen problematischen Gebrauch psychoaktiver Medikamente auf. Die exzessive Einnahme der Schlaf- und Schmerzmittel führe bei den alten Menschen häufig zu Stürzen unter anderem mit komplizierten Oberschenkelhalsfrakturen.

Erfreulich sei der Rückgang des Tabakkonsums 2008 auf einen Pro-Kopf-Verbrauch von 1068 Zigaretten (2007: 1112). Trotzdem sei die Zahl der Raucher mit rund 16,6 Millionen in der Bundesrepublik weiterhin zu hoch.