Befürworter weisen auf Linderung der Schmerzen hin. Kassen sollen die Kosten tragen

Berlin. Die Bundesregierung will schwerkranken Patienten den Konsum von Cannabis zu Therapiezwecken erleichtern. „Mein Ziel ist, dass in Zukunft mehr Menschen als bisher Cannabis als Medizin bekommen können. Für diese Patienten müssen die Kosten von den Krankenkassen erstattet werden.“, sagte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU). Sie kündigte noch für dieses Jahr eine Gesetzesinitiative an. Patientenschützer begrüßen die Pläne, die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Hilde Mattheis, nannte die angekündigte Gesetzesänderung einen „längst überfälligen“ Schritt. Auch Linke, Grüne und FDP fordern eine Entkriminalisierung der Droge. Patienten, die Cannabis zur Linderung ihrer chronischen Schmerzen und Krankheitssymptome benötigen, können aufgrund der jetzt geltenden Gesetze ins Visier der Sicherheitsbehörden kommen, wenn sie Cannabis anbauen.

Mortler sprach sich ebenfalls dafür aus, bundesweit einheitlich sechs Gramm Cannabis als Schwelle festzuschreiben, bis zu der die Droge für den Eigenbedarf mitgeführt werden darf. Diese Regelung gilt zwar bereits in Hamburg und den meisten anderen Bundesländern, jedoch nicht etwa in Nordrhein-Westfalen. In Berlin werden bis zu 15 Gramm toleriert.

In Deutschland gelten Cannabis-Produkte als illegale Suchtmittel. Besitz, Anbau und Handel sind verboten. Beim Umgang mit „nicht geringen Mengen“ Cannabis liegt die Höchststrafe bei 15 Jahren Haft. Cannabis ist die am häufigsten konsumierte illegale Droge in Deutschland – aber auch Basis für Medikamente. Den beiden Hauptwirkstoffen Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) wird eine krampflösende und schmerzlindernde Wirkung zugeschrieben. Cannabis wird auch genutzt, um Übelkeit zu bekämpfen und den Appetit anzuregen. Befürworter einer medizinischen Nutzung sehen einen Gewinn etwa für Menschen mit Krebs oder für Aids-Kranke. Kritiker weisen unter anderem auf mögliche Nebenwirkungen wie Schwindel und Wahrnehmungsstörungen hin.

Das einzige in Deutschland zugelassene Medikament auf Cannabisbasis ist „Sativex“. Viele Kassen übernehmen die Kosten. Schwer kranke Menschen dürfen mit einer Genehmigung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte auch getrocknete Blätter oder Blüten über Apotheken beziehen. Bundesweit haben weniger als 300 Patienten diese Erlaubnis. Die Kassen tragen bisher die Kosten nicht.

Im Juli 2014 erlaubte das Kölner Verwaltungsgericht Schmerzpatienten in Ausnahmefällen den Anbau von Cannabis zu Therapiezwecken, aber nur wenn sonst kein anderes Produkt hilft und Cannabis aus der Apotheke für sie unerschwinglich ist. Andere Staaten nutzen schon längst Cannabis als Medizin, darunter sind auch zahlreiche US-Staaten und Israel. Chile genehmigte ein entsprechendes Projekt für Krebs- und Epilepsiepatienten.