In der Hauptstadt der Pegida-Bewegung haben Flüchtlinge einen schweren Stand. Das liegt auch am beginnenden Oberbürgermeister-Wahlkampf

Dresden. Seit einem Vierteljahr marschieren Montag für Montag Tausende Anhänger von Pegida durch Dresden. Die sächsische Landeshauptstadt hat sich zur Hauptstadt der Bewegung in der Bundesrepublik entwickelt, in anderen deutschen Städten haben die islamfeindlichen Aktionen hingegen kaum Fuß fassen können. In diesen Städten übersteigt regelmäßig die Zahl der Gegendemonstranten die der Leute der jeweiligen Pegida-Ableger.

In Dresden eine fremdenfeindliche Grundstimmung bei inzwischen zwölf Pegida-Aufmärschen und bei einer Zahl von mehr als 25.000 Teilnehmern bei der jüngsten Demonstration in dieser Woche festzustellen liegt relativ nah. In diese scheinbar vorhandene fremdenfeindliche Atmosphäre Dresdens passt auch eine Pressemitteilung der Stadtverwaltung, in der davon die Rede ist, dass ein Hotel die Zusage zurückgezogen habe, als Unterkunft für Asylbewerber zu dienen – eben „wegen asylkritischer Schmierereien am Hotel und Gewaltdrohungen in sozialen Netzwerken“. Doch die Verwaltung des Hotels stellt die Situation ganz anders dar als die Stadtverwaltung und als Sozialbürgermeister Martin Seidel (parteilos).

Den Anfang nahm die Geschichte mit der Veröffentlichung einer Pressemitteilung der Stadt Dresden am Dienstag. Darin heißt es, dass das Hotel Prinz Eugen im Stadtteil Laubegast nicht wie geplant zur Unterbringung von Asylbewerbern genutzt werden könne. Die Vier-Sterne-Herberge sollte als Übergangswohnheim dienen, 94 Asylbewerber sollten hier ab Mitte Februar Platz finden. Vor einer Woche, so heißt es seitens der Stadt weiter, habe der Verwalter des Hotels im Auftrag des Eigentümers mitgeteilt, dass er das Angebot der Stadt, seine Herberge zu mieten, nicht annehmen wolle.

Dann folgen zwei entscheidende Sätze: „Zur Begründung verweist er auf den massiven Widerstand gegen das Projekt aus ,der Bevölkerung und dem näheren Umfeld‘. Neben asylkritischen Schmierereien am Hotel kam es auch zu Gewaltdrohungen in sozialen Netzwerken.“ Das Dresdner Hotel wird von der Angleterre GmbH in Berlin betrieben, als Verwalter der Herberge fungiert die Berlinhaus Verwaltung GmbH ebenfalls aus Berlin.

Die Geschäftsführung der Verwaltung Berlinhaus teilte nun mit: „Die Entscheidung, an dem genannten Standort keine Vermietung an die Stadt Dresden vorzunehmen, hat interne Gründe, die nur zum Teil mit dem Widerstand der Anwohner im Zusammenhang stehen.“ Die Geschäftsführung äußerte sich weiter: „Es hat zu keinem Zeitpunkt eine konkrete Drohung durch Dritte gegenüber dem Eigentümer oder der Hausverwaltung gegeben.“ Die Berufung auf „interne Gründe“ steht in Widerspruch zu der Aussage der Pressemitteilung der Stadt. Auch die Aussage, es habe keine konkrete Drohung gegenüber dem Eigentümer oder der Hausverwaltung gegeben, widerspricht der Darstellung der Stadtverwaltung.

Der persönliche Referent von Bürgermeister Seidel, Marco Fiedler, berichtet nun auf Anfrage davon, dass „die Schmierereien kurz nach Information der Öffentlichkeit, dass das Hotel zukünftig als Wohnheim für Flüchtlinge genutzt werden soll, Ende Oktober 2014 erfolgten“. Er ergänzte: „Die Sprüche wurden unverzüglich durch das Hotel entfernt.“

Zu den Drohungen, von denen die Stadt in ihrer Pressemitteilung geschrieben hatte, sagt Fiedler: „Die in den sozialen Medien geführte Diskussion um das neue Wohnheim hatte in Einzelfällen auch indirekt bedrohliche Formen angenommen. Beispielsweise wurde von brennenden Asylbewerberheimen geschrieben und damit die Frage verbunden, ob dies in Laubegast auch erst passieren muss, damit die Stadt von ihrer Entscheidung Abstand nimmt.“

Träfe dies zu, könnte in der Tat eine fremdenfeindliche Stimmung in der Stadt konstatiert werden. Das zeigt sich auch bei den Pegida-Demonstrationen. In Leipzig, wo am Montag der Pegida-Ableger unter dem Namen Legida das erste Mal aufmarschierte, standen nur 4800 Teilnehmer rund 30.000 Gegendemonstranten gegenüber. In Dresden waren die Zahlen bei der zwölften Kundgebung am Montag weiter umgekehrt: 25.000 Pegida-Demonstranten und 8700 Gegendemonstranten. Auch hatte es knapp ein Vierteljahr gedauert, bis Oberbürgermeisterin Helma Orosz und Ministerpräsident Stanislaw Tillich (beide CDU) für vergangenen Sonnabend zur Kundgebung für ein weltoffenes Dresden eingeladen hatten – 35.000 Menschen kamen auf den Platz vor der Frauenkirche.

In Leipzig hatte Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) schon zum Start der ersten Legida-Kundgebung am Montag zu Gegendemonstrationen aufgerufen.

Die sächsische CDU scheint die eher fremdenfeindliche Stimmung in Dresden ebenfalls zu bemerken und reagiert auch darauf. Hintergrund dürfte die im Juni in Dresden anstehende Wahl eines neuen Oberbürgermeisters sein, bei der Innenminister Markus Ulbig für die CDU antritt. Die CDU will das Amt wieder für sich gewinnen, da Orosz Ende Februar aus gesundheitlichen Gründen aufhören wird.

Ulbig hatte denn auch angekündigt, sich dafür einsetzen zu wollen, dass Tunesien als sicheres Herkunftsland eingestuft wird. Bei Pegida-Demonstrationen war immer wieder zu hören, dass Flüchtlinge aus Tunesien in der Bundesrepublik Asyl beantragten, obwohl sie doch gar nicht verfolgt sein könnten. Und der sächsische CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer hatte versprochen, die Asylpolitik überprüfen zu wollen. Als diese Woche in Dresden 11.000 Unterschriften gegen die Abschiebung von Flüchtlingen im Winter an Landtagspräsident Matthias Rößler (CDU) übergeben wurden, reagierte Innenminister Ulbig kühl: „Klima ist keine Kategorie des Ausländerrechts.“

Die Debatte um Fremdenfeindlichkeit in Dresden dürfte nach einem Todesfall in dieser Woche weitere Fahrt aufnehmen. Ein 20-jähriger Asylbewerber aus Eritrea war am Dienstag tot aufgefunden worden. Staatsanwaltschaft Dresden sowie die Polizeidirektion der Stadt wollten sich noch nicht zur Todesursache äußern. Allerdings zitiert die „Dresdner Morgenpost“ den Polizeipräsidenten mit den Worten, dass ein Messerstich ursächlich für die Verletzung sei. Es handele sich um ein Tötungsdelikt und sei von vorsätzlichem Handeln auszugehen. Dies wird Spekulationen anheizen, ob es fremdenfeindliche Motive für die Tat gab.