Die christlichen Würdenträger und der Zentralrat der Juden sind empört. Experten sprechen von Volksverhetzung. Nur ein Politiker findet toll, dass Pegida Weihnachtslieder singt.

Dresden/München/Hamburg. Jetzt hat Pegida auch noch für eine Diskussion um deutsche Weihnachtslieder gesorgt. Die „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ trafen sich zum vorgeblich unverfänglichen Singen der Traditionstexte in Dresden. Doch die Botschaft scheint klar: Im Abendland sollen christliche Texte dominieren. Und das rief auch die deutschen Bischöfe auf den Plan: Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister hat das Singen von Weihnachtsliedern bei der islamfeindlichen „Pegida“-Demonstration in Dresden scharf kritisiert. Das sei „zutiefst geschmacklos“, sagte Meister im Gespräch mit dem Nordwestradio in Bremen. „Pegida“ sei ein klares Symbol der Ausgrenzung.

Dagegen sagte der Katholik und CDU-Fraktionschef im Bundestag, Volker Kauder, er begrüße, dass Weihnachtslieder gesungen wurden. „Wer Weihnachtslieder singt, wird etwa daran erinnert, dass Jesus Christus im Stall geboren wurde, weil er keine Herberge gefunden hat“, sagte Kauder der „Welt“. „Ich hoffe, dass sie beim Singen der Weihnachtslieder gespürt haben, was der richtige Weg ist.“

Das darf bezweifelt werden. Denn die Debatte um Pegida sowie die Gegendemonstrationen haben beinahe den Status einer Bürgerbewegung erreicht. Bischof Meister riet den Demonstranten, das Gespräch mit Muslimen zu suchen und dann ein Urteil zu fällen: „Geht hin, sucht sie, sprecht mit ihnen.“ Kritisch sieht der leitende evangelische Theologe der größten Landeskirche Deutschlands zudem die intensive Berichterstattung über die Pegida-Bewegung der vergangenen Wochen: „Der mediale Transport ist auch ein Verstärker, der nicht ganz positiv ist.“

Deutliche Kritik an den Pegida-Demonstrationen äußerte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster. „Auch wenn sich diese Demonstrationen vorgeblich gegen Islamisierung richten, ist das nichts anderes als Fremdenfeindlichkeit“, sagte Schuster der „tageszeitung“. Er habe ein großes Problem mit „dieser generalisierenden Ablehnung von Muslimen“.

Der Widerstand gegen Pegida wächst

Gegen Pegida formiert sich bundesweit immer mehr Widerstand. In mehreren deutschen Städten gingen am Montagabend mehr als 20.000 Menschen auf die Straße, um ein Zeichen für Toleranz und Weltoffenheit zu setzen. Zugleich versammelten sich aber auch in Dresden so viele Pegida-Anhänger wie noch nie. Laut Polizei mobilisierte das Bündnis rund 17.500 Menschen und damit noch einmal 2500 mehr als in der Vorwoche.

Dabei werden die Töne schärfer. Insbesondere eine Rede habe an mehreren Stellen den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt, sagte der Politikwissenschaftler Werner Patzelt der Deutschen Presse-Agentur.

Gauck, Merkel und Journalisten wurden verunglimpft

Bei der Kundgebung hatten Redner unter großem Beifall auch Bundespräsident Joachim Gauck, Kanzlerin Angela Merkel und Sachsens Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich attackiert.

Angekündigt hatte Pegida ein gemeinsames Weihnachtssingen vor der Semperoper. Tatsächlich wurden Verunglimpfungen von Politikern und Beschimpfungen von Journalisten ebenso begeistert bejubelt wie ausländerfeindliche Parolen. Medienvertreter wurden mit dem tausendfach skandierten Ruf „Lügenpresse“ begrüßt.

Mehr als 50 DDR-Bürgerrechtler protestierten am Dienstag gegen die Vereinnahmung der friedlichen Revolution. Der Ruf „Wir sind das Volk“ habe 1989 für Freiheit, Toleranz und Weltoffenheit gestanden, unterstrichen die Akteure des friedlichen Wandels in der DDR. „Ihr sprecht nicht für '89, ihr sprecht für keine Freiheitsbewegung, ihr seid deren Schande“, heißt es am Schluss der Erklärung.