Politiker rätseln über den richtigen Umgang mit der Pegida-Bewegung

Berlin/Dresden. In der Debatte um die Anti-Islamismus-Bewegung Pegida hat SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi deren Organisatoren als „geistige Brandstifter“ bezeichnet. Die Warnung vor vermeintlicher Islamisierung sei purer Populismus, sagte Fahimi der „Welt am Sonntag“.

Pegida steht für „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“. In den vergangenen Wochen nahmen in Dresden regelmäßig Tausende Menschen an Kundgebungen der Bewegung teil und forderten unter anderem ein strengeres Asylrecht. Kleinere Kundgebungen von Pegida-Ablegern gab es in weiteren Städten. Fahimi warf den Pegida-Veranstaltern vor, den Boden für fremdenfeindliche Gewalt zu bereiten.

„Durch eine solche Atmosphäre fühlen sich manche Wahnsinnigen zu Anschlägen auf Flüchtlingsheime ermuntert wie zuletzt in Franken“, sagte die SPD-Generalsekretärin mit Blick auf die jüngsten Brandanschläge auf geplante Flüchtlingsunterkünfte bei Nürnberg.

Der Zentralrat der Muslime appellierte an die Politik, sich mehr um die sozialen Sorgen der Menschen zu kümmern. Pegida-Anhänger hätten beispielsweise Angst vor einer weiter aufklaffenden „Schere zwischen Arm und Reich“, vor Arbeitsplatzverlust und, „dass sie ihre Rente nicht bekommen“, sagte der Vorsitzende Aiman Mazyek im RBB. Einige Rädelsführer, darunter auch Rechtsradikale, versuchten, „diese Themen zu islamisieren“. CSU-Chef Horst Seehofer sagte der „Passauer Neuen Presse“, es müsse die Frage gestellt werden: „Was bewegt diese Leute?“ Seehofer fügte hinzu: „Und man muss sich um das, was diese Menschen an Ängsten im Herzen tragen, kümmern.“

Für eine differenzierte Betrachtung plädierte auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD). „Wir müssen uns sehr ernsthaft ansehen, was dort passiert“, sagte er. „Wenn in Dresden 15.000 Menschen auf die Straße gehen, wäre es abwegig, so zu tun, als seien das alles Faschisten.“ Natürlich bereite es ihm Sorge, dass Faschisten und Rassisten dabei seien. „Aber da ist auch viel verängstigtes Bürgertum dabei“, sagte Albig.

Vor einer weiteren Pegida-Kundgebung und einer Gegendemonstration am heutigen Montag in Dresden hat Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) zu Toleranz auf beiden Seiten aufgerufen. Alle sollten wissen, „dass wir künftig mehr Zuwanderung haben werden“, sagte er der „Leipziger Volkszeitung“. Die Menschen im Osten sollten sich daran erinnern, dass ihnen seit 25 Jahren die Welt offenstehe. „Und genauso ist und muss uns die Welt auch in Sachsen willkommen sein, ohne Mauer in den Köpfen und mit Neugier, wie wir Bereicherung erfahren können“, so Tillich. Den Pegida-Organisatoren warf ervor, sich dem Dialog mit der Politik zu entziehen.

Der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) wies die These seines hessischen Kollegen Volker Bouffier (CDU) zurück, die starke Konzentration des Protestes im Osten habe viel mit der Geschichte der DDR zu tun. Das zeuge von Unkenntnis und verletze die Gefühle von vielen, sagte Ramelow. Auch die Ostbeauftragte der Bundesregierung, Iris Gleicke (SPD), wies diese Interpretation zurück. Sie sei ein „abgeschmackter und billiger Versuch, die Verantwortung für diesen Pegida-Irrsinn der DDR und damit den Ostdeutschen in die Schuhe schieben zu wollen“, sagte sie der „Mitteldeutschen Zeitung“. Laut neuesten Umfragen findet die Bewegung im Westen fast genauso große Zustimmung wie im Osten.