Nach Sitzung des Untersuchungsausschusses steht fest: Mindestens ein Zeuge lügt

Berlin. Angesichts der Widersprüche und gegenseitigen Anschuldigungen in der Edathy-Affäre sieht der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach die Große Koalition belastet. Das „Vertrauen ist ein gutes Stück weit abhanden gekommen“, sagte Bosbach am Freitag im Deutschlandfunk. „Es wird hammerhart gelogen. Aber von wem, das wissen wir nicht“, sagte Bosbach. Die sich widersprechenden Aussagen würden „leider auch ein schlechtes Licht auf die Politik insgesamt“ werfen.

Der Untersuchungsausschuss zu der Affäre um den Kinderporno-Verdacht gegen den ehemaligen SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy hatte am Donnerstag zwölf Stunden lang getagt und Edathy und den SPD-Innenpolitiker Sebastian Hartmann als Zeugen angehört. Edathy hatte dabei – wie in einer Pressekonferenz zuvor – vor allem Hartmann und den früheren BKA-Chef Jörg Ziercke belastet: Sie sollen ihn frühzeitig über die Ermittlungen gegen ihn informiert haben. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann warf er vor, ihn über seinen Büroleiter zum Mandatsverzicht gedrängt zu haben.

Oppermann bestritt in der „Bild“-Zeitung diese Darstellung und betonte: „Ich habe mein Wissen über den Fall Edathy bis zu dessen Mandatsniederlegung keinem meiner Mitarbeiter anvertraut.“ Oppermann soll im kommenden Jahr ebenfalls vor dem Untersuchungsausschuss aussagen. Die Angaben Edathys zu einem Gespräch zwischen Oppermann und Hartmann über einen möglichen Suizid Edathys nannte Oppermann im „Spiegel“ „völlig absurd“. Sorgen über seine politische Zukunft macht sich Oppermann trotz der Verwicklungen in die Edathy-Affäre nicht: „Ich bin auch in einem Jahr noch Fraktionschef.“

Auch Hartmann widersprach in seiner Aussage vor dem Untersuchungsausschuss am späten Donnerstagabend den Angaben Edathys. Insbesondere wies er die Behauptung zurück, von Ziercke selbst Informationen zum Fall Edathy erhalten zu haben. Die Weitergabe solcher Informationen wäre vermutlich rechtswidrig. Ob Edathy vor bevorstehenden Ermittlungen gegen ihn gewarnt wurde und wenn ja, von wem, zählt zu den Kernfragen, die der Untersuchungsausschuss klären soll. Dazu soll auch Ziercke im nächsten Jahr angehört werden. Die Ausschussmitglieder der SPD äußerten nach der Befragung der beiden Zeugen große Zweifel an der Glaubwürdigkeit von Edathy. Die Vertreter der anderen Parteien sahen das allerdings ganz anders. Der Vize-Vorsitzende des Edathy-Ausschusses, Michael Frieser (CSU), nannte die Aussagen Edathys vor dem Gremium im Sender MDR Info „relativ plausibel“. Da sich Edathy und Hartmann komplett widersprächen, sei klar: „Gestern Abend, gestern Nacht hat mit Sicherheit jemand gelogen in diesem Untersuchungsausschuss, und das wird Konsequenzen haben.“

Am Freitag legte Edathy noch einmal nach. Auf seiner Facebook-Seite bezichtigte er den SPD-Abgeordneten Karl Lauterbach der Lüge. Dieser hatte am Donnerstagabend in der ZDF-Talkshow „Maybrit Illner“ gesagt, er habe Edathy im Februar medizinische Hilfe angeboten. Edathy schrieb dazu: „Ist schlicht gelogen. Und das auch noch völlig ohne Not.“