Die Kurdenpartei kämpft gegen IS-Terroristen in Syrien und im Irak - dennoch hält die Bundesregierung weiter an dem Verbot der Partei in Deutschland fest. Vor allem die Linkspartei protestiert dagegen.

Hamburg. Der Kampf der Kurden gegen die Terroristen des selbsternannten „Islamischen Staates“ in Syrien und Irak hat auch die Debatte um das bestehende Verbot der kurdischen Arbeiterpartei „Partiya Karkerên Kurdistan“, der PKK, in Deutschland entfacht. Es sind vor allem die Kämpfer der PKK, die sich den Angriffen des IS entgegenstellen und im Sommer viele der fliehenden Jesiden vor den Islamisten gerettet haben. Doch Waffen aus Deutschland erhalten bisher nur die irakischen Kurden, die Peschmerga. Seit 1993 unterliegt die PKK einem Betätigungsverbot in Deutschland, seit 2002 führt die Europäische Union auf Wunsch der türkischen Regierung die Partei auf der Terrorliste.

Die Bundesregierung will trotz der Kämpfe der Kurden und dem in den vergangenen Jahren angestrebten Friedensprozess zwischen PKK und der türkischen Regierung an dem bestehenden Verbot in Deutschland festhalten. Das geht aus einer Anfrage der Grünen im Bundestag hervor, die dem Hamburger Abendblatt vorliegt. Die Bundesregierung von Union und SPD verweist in ihrer Antwort auf eine Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der feststellt, dass die PKK die Voraussetzungen „einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung im Ausland“ erfülle. In Deutschland hat die PKK rund 13.000 Mitglieder von 800.000 Kurden insgesamt, in Hamburg sind es nach Angaben der Behörden 600 Mitglieder.

Im Verfassungsschutzbericht 2013 heißt es: „In Europa bemüht sich die PKK um ein weitgehend gewaltfreies Erscheinungsbild. Sie intensiviert insbesondere ihre Anstrengungen auf politischer Ebene, als einzig legitime Vertreterin und Ansprechpartnerin in der Kurdenfrage anerkannt zu werden.“ Zentrale Forderung der PKK bleibt eine politische und kulturelle Autonomie der Kurden in ihren Siedlungsgebieten: vor allem in der Türkei, aktuell verstärkt auch in Syrien. Dennoch bleibe Gewalt für die PKK „ein strategisches Element, über das sie je nach politischer Situation entscheidet“. Ein Beleg hierfür sehen die Sicherheitsbehörden in der anhaltenden Anwerbung von Rekruten aus Deutschland für den bewaffneten Kampf in der Türkei. Gerade im Kampf gegen den IS habe diese Rekrutierung zugenommen.

Die PKK hatte der Türkei in den 1980er Jahren den Krieg erklärt. Und die türkische Regierung bekämpfte die Kurden. Soldaten setzten Dörfer in Brand, der Staat ließ Kurden foltern. In dem Bürgerkrieg zwischen Türkei und den Kurden starben 30.000 Menschen. Aber auch die PKK hat in drei Jahrzehnten Tausende Zivilisten in der Türkei ermordet. In Deutschland verübten Anhänger der PKK Anfang der 1990er gewaltsame Proteste.

Dennoch wird in der Antwort der Bundesregierung deutlich, dass ein Verbot der PKK vor allem vom politischen Konflikt zwischen Kurden und Regierung in der Türkei abhängt. „Wahrscheinlich wird die Einschätzung der PKK an dem Fortgang des Friedensprozesses zwischen ihr und der türkischen Regierung abhängen. Am Erfolg dieses Prozesses hat Deutschland und die EU sehr wohl Interesse“, sagt der Hamburger Bundestagsabgeordnete der Grünen, Manuel Sarrazin, dem Abendblatt. Seit 2013 gilt zwischen der PKK und dem türkischen Staat de facto ein Waffenstillstand, der zuletzt aber immer wieder gebrochen wurde.

In Deutschland fordert vor allem die Linkspartei eine Aufhebung des Verbots und eine Streichung von der Terrorliste. Aber auch Mitglieder der Grünen und der SPD kritisieren das bestehende Parteiverbot. Die Bilder von kämpfenden Frauen auf Seiten der PKK und die Opfer im Kampf gegen die Steinzeit-Islamisten des IS haben die Debatte um eine mögliche neue Bewertung der PKK befeuert. Der Hamburger Linken-Politiker Jan van Aken war dieses Jahr in die kurdischen Gebiete an der syrisch-türkischen Grenze gereist. „Dort sind autonome und demokratische Verwaltungen der Kurden entstanden, die vielversprechend und beindruckend sind, gerade die Rolle der Frauen ist stark und fortschrittlich“, sagte van Aken dem Abendblatt. Aus Sicht der Kurdin und Hamburger Bürgerschaftsabgeordneten Cansu Özdemir verschärft das Verbot der PKK die „Diskriminierung der Kurden“. An einem Frieden sei die türkische Regierung nicht interessiert. „Im Gegenteil: Von den Massakern an kurdischen Guerillakämpfern wird in westlichen Medien kaum berichtet.“ Zuletzt flog das türkische Militär trotz des Kampfes gegen den IS Luftangriffe gegen Stellungen der PKK.

Die Bundesregierung hatte Waffenlieferungen an die Peschmerga beschlossen. Auch Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) hatte Waffenlieferungen an die PKK ins Spiel gebracht. „Ich weiß, welche Probleme die Türkei mit der PKK hat“, sagte er. Aber zuzuschauen, wie der IS wichtige Grenzstädte einnehme und sich immer mehr zu einer Bedrohung der weltweiten Sicherheit entwickele, könne nicht die Lösung sein, sagte er „Spiegel Online“. Aber militärische Hilfe ginge sicher nicht gegen die Türkei, sondern nur mit ihr, erklärte Kauder.