SPD-Gesundheitsexperte fordert Gesetz für Schutz vor Infektionen in Kliniken

Berlin. Die Große Koalition in Berlin will gefährliche Keiminfektionen in Krankenhäusern durch bessere Hygiene und strengere Vorschriften bekämpfen. Entsprechende Pläne des SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach stoßen bei der Union auf Zustimmung. Das Ziel: ein verschärftes Infektionsschutzgesetz.

Lauterbach sieht „ein riesiges Problem bei der Hygiene“ in deutschen Kliniken. „Der größte Teil der vermeidbaren Todesfälle und auch der größte Teil der vermeidbaren schweren Komplikationen dort ist auf Hygienefehler zurückzuführen“, sagte der SPD-Bundestagsfraktionsvize den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, zu der auch das Abendblatt gehört. Infektionsrisiken würden unterschätzt und beschönigt. Statt einer „Kultur der Keimvermeidung“ herrsche „eine Kultur des Verharmlosens, des Vertuschens und des Ignorierens – und daran sind schon viele Patienten gestorben“, so Lauterbach.

Deutschland kann „im internationalen Vergleich nicht mithalten“

Die Politik müsse jetzt eingreifen, „verbindliche Vorgaben machen und diese auch unabhängig überprüfen“. Lauterbach sitzt in einer Kommission, die an einer Krankenhausreform arbeitet. Seine Forderungen: mehr Hygieneärzte, mehr Pflegepersonal, strengere Kontrollen der Hygienestandards und Strafen bei Fälschungen von Dokumenten. „Was davon auf Bundesebene machbar ist, unterstützen wir“, sagte am Montag Jens Spahn, Chef der Arbeitsgruppe Gesundheit in der Unions-Fraktion. Infektionsschutz brauche offenbar „politischen Druck“.

Die Hygiene-Praxis in Kliniken sei „weit von dem entfernt, was Sicherheit gewährleisten würde“, sagt Lauterbach. Deutschland könne „im internationalen Vergleich nicht mithalten“. Einige „Funktionäre der Ärzteschaft“ würden „das Problem verharmlosen“, kritisiert der SPD-Gesundheitsexperte. Die Politik müsse vorgeben, dass jedes größere Krankenhaus einen verantwortlichen Hygienearzt einzustellen habe. „Die können die Schwachpunkte genau analysieren.“ Verantwortlich für die Übertragung gefährlicher Keime sei „sehr häufig das Personal“.

Die Qualitätsdaten der deutschen Krankenhäuser sollen bald im Internet veröffentlicht werden. So könnten Patienten vor einer Operation erfahren, wie es um Infektionsraten in einzelnen Häusern stehe. „Wirtschaftliche Interessen“ dürften nicht länger über dem Patientenwohl stehen, sagt Lauterbach.

Das Lauterbach-Interview im Wortlaut lesen Sie unter abendblatt.de/lauterbach