Individuellen Zusatzbeiträge, die nur der Arbeitnehmer zahlen muss, fressen Beitragssenkung auf

Berlin. Der allgemeine Beitragssatz für die gesetzliche Krankenversicherung sinkt ab 2015 erst einmal deutlich ab, von derzeit 15,5 auf 14,6 Prozent. Für Millionen Kassenpatienten wird es aber nicht wirklich billiger. Die Kassen dürfen zum Ausgleich nämlich einen neuen Zusatzbeitrag verlangen, je nach eigener Finanzlage. Und so ziehen die Beiträge postwendend wieder nach oben. Experten rechnen mit durchschnittlich 0,9 Prozentpunkten Aufschlag. Damit landen die meisten am Ende doch wieder bei etwa 15,5 Prozent Beitrag, schlimmstenfalls sogar drüber. Der Zusatzbeitrag werde wegen der Finanzierungslücke von rund elf Milliarden Euro so gut wie sicher von allen Kassen erhoben, sagt Ann Marini, Sprecherin des GKV-Spitzenverbands in Berlin. „Die Krankenkassen sind noch mittendrin in ihren Kalkulationen.“

Die Zeiten, in denen wirtschaftlich gut aufgestellte Kassen ihren Mitgliedern noch üppige Prämien von bis zu 120 Euro und mehr allein fürs Dabeisein zahlten wie dieses und vergangenes Jahr der Fall, sind ab 2015 definitiv vorbei. Was für Kassenpatienten jetzt zählt, ist der neue Zusatzbeitrag und die Frage: Wie hoch fällt er wo aus? Spätestens bis Silvester haben die Krankenversicherer formal noch Zeit, ihren Versicherten ihre jeweiligen Prozentsätze mitzuteilen – und sich zugleich im Wettbewerb mit den anderen zu positionieren. Die ersten zwei Kassen sind bereits vorgeprescht und haben ihre Mitglieder schon angeschrieben: Die AOK Sachsen-Anhalt und die AOK plus in Sachsen und Thüringen wollen sich für 2015 mit einem moderaten Zusatzbeitrag von 0,3 Prozent zufriedengeben. Zusammen mit dem Einheitsbeitrag von 14,6 Prozent verlangen sie künftig 14,9 Prozent. Ihre Finanzlage gibt es offenbar her.

Aufgrund gut gefüllter Kassen dürften andere AOKs, einige Betriebskrankenkassen sowie die Techniker Krankenkasse (TK) nach Expertenschätzungen Extra-Beiträge von um die 0,7 Prozent erheben. Bei einem Netto-Einkommen von 3000 Euro beispielsweise könnten Mitglieder damit 2015 monatlich etwa sechs Euro sparen. Bei einigen Innungskassen und Ersatzkassen könnte die Lage dagegen schlechter aussehen. Die TK hat angekündigt, sich erst am 12. Dezember offiziell festzulegen. „Wir werden unter dem Durchschnitt liegen, aber ganz sicher nicht unter 15 Prozent“, erklärte Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse. Jede Kasse, die es vermeiden könne, werde zum 1. Januar keinen überdurchschnittlichen Zusatzbeitrag verlangen.

TK-Chef Baas hält Beitragssteigerungen auf breiter Front für realistisch, und zwar um 0,25 Prozentpunkte jährlich. „Wir wären 2017 dann rein rechnerisch bei einem Beitragssatz von 16 Prozent“, so seine Prognose. Die Möglichkeit, den Joker eines Zusatzbeitrags zu ziehen, sollten sich Finanzlücken auftun, wurde schon 2009 zusammen mit dem Gesundheitsfonds eingeführt. In diesen Fonds fließen die Beiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern sowie Steuermittel. Seit 2012 hat allerdings keine Kasse mehr einen Extra-Beitrag erhoben – bis jetzt. Kommen Anbieter mit dem neuen, am Einkommen prozentual orientierten Aufschlag finanziell nicht zurecht, dürfen sie weiter an der Stellschraube drehen. Das Problem für viele Kassenmitglieder: Während die Beitragslast der Arbeitgeber dauerhaft auf 7,3 Prozent eingefroren ist, müssen Arbeitnehmer auf jeden Fall 7,3 plus x Prozent ihres Einkommens allein schultern.