Die Demonstration ist für den 15. November angemeldet. Laut CDU sei die Rechtslage ausreichend, um den Aufmarsch zu unterbinden. Ein Hamburger Rechtsexperte sieht das ähnlich, rät aber von einem Verbot ab.

Hamburg/Köln. Nachdem am Montag bekannt wurde, dass es auch in Hamburg eine Demonstration von „Hooligans gegen Salafisten“ geben soll, forderte die CDU den Senat auf, die angekündigte Demo zu verbieten.

„Der Senat darf nicht zulassen, dass es wieder zu Gewalteskalationen wie vor einigen Wochen kommt“, so Voet van Vormizeele, innenpolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion.

Anfang Oktober war es in St. Georg zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Kurden und radikalen Muslimen gekommen. 14 Menschen waren verletzt worden, vier von ihnen schwer.

„Bundesinnenminister de Maizière (CDU) hat deutlich gemacht, dass die Rechtslage ausreichend ist, um solche angeblichen Versammlungen, die nur dem Zwecke der Gewaltausübung dienen, zu untersagen“, so van Vormizeele weiter. „Wir erwarten, dass die SPD dies umsetzt und konsequent gegen die geplanten Versammlung Mitte November in Hamburg vorgeht.“

Auf Nachfrage sagte die Polizei am Dienstag, dass man derzeit alle rechtlichen Schritte prüfe, auch ein Verbot. Weiter verwies ein Beamte darauf, dass am selben Tag eine HoGeSa-Demo in Berlin geplant sei. Dies könne darauf hindeuten, dass sich die Lage etwas entzerre.

Verbot unter bestimmten Voraussetzungen möglich

Grundsätzlich sei ein Verbot der Demonstration laut Ulrich Karpen, Professor für Rechtswissenschaften an der Universität Hamburg, durchaus möglich. Nach dem Versammlungsrecht - eine Demonstration ist eine laufende Versammlung - sei es dann rechtmäßig, wenn zu befürchten ist, dass eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung besteht. "Das darf man in diesem Fall annehmen", so Karpen. "Bei der zu erwartenden Gemengelage aus linken Demonstranten, Hooligans und Rechtsradikalen kann man davon ausgehen, dass es so oder so zu Gewalt kommt."

Neben einem Verbot stehen der Polizei jedoch andere Deeskalations-Möglichkeiten zur Verfügung, die Karpen für sinnvoller hält: "Die Demonstrantenlager können durch ein massives Polizeiaufgebot voneinander getrennt werden. Außerdem kann die Polizei das verbotene Mitführen von Schlagstöcken und Feuerwerkskörpern sowie das Tragen von Uniformen rigoros kontrollieren." Bei einem Verbot der Demonstration würden diese Möglichkeiten weitestgehend entfallen. Es sei dann damit zu rechnen, dass die Demonstranten – darunter mutmaßlich auch viele Krawall-Touristen – trotzdem nach Hamburg kommen würden, die Lage aber unüberschaubar und weniger leicht zu kontrollieren wäre.

Polizei rechnet mit 500 Teilnehmern

Unter dem Motto „Europa gegen den Terror des islamischen Staates“ wollen sogenannte Fußballfans am 15. November, einen Sonnabend, in einem Demonstrationszug von der Sternschanze bis zum Steintorplatz ziehen. Erwartet werden mehr als 500 Teilnehmer. Linke Gruppen haben bereits Widerstand gegen einen möglichen Aufmarsch Rechtsradikaler angekündigt.

Für Dienstag waren Gespräche zwischen der Hamburger Polizei und dem Anmelder der Demonstration geplant. Dieser soll angekündigt haben, Deutschlandfahnen und Fahnen diverser Fußballvereine mitführen zu wollen.

Nach Abendblatt-Informationen ist der Anmelder bislang nicht einschlägig polizeibekannt. Er wird auch nicht der Hooligan-Szene zugeordnet. Befürchtet wird dennoch, dass hinter der Anmeldung die Vereinigung „Hooligans gegen Salafisten“ steht, die auch für die Krawallen in Köln verantwortlich ist. Bei einer entsprechenden Facebook-Veranstaltung von „Hogesa“ sagten bereits weit mehr als 3000 Teilnehmer für die Protestaktion zu.


Die Antifa Hamburg hat bereits auf die Ankündigung reagiert und zu einer Gegenaktion aufgerufen. "Sollte das stimmen, wisst ihr was zu tun ist: Banden bilden und Nazis aus der Stadt jagen", heißt es in einem Facebook-Post. Das ist durchaus als Aufruf zur Gewalt zu verstehen.

Debatte um Demo-Verbot

Unterdessen wollen Politik und Sicherheitsbehörden einem gewalttätigen Bündnis von Hooligans und Rechtsextremisten entschlossen entgegentreten. Nach den massiven Ausschreitungen am Sonntag in Köln sagte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD): „Wer Gewalt in Deutschlands Städte trägt, der muss mit allen Mitteln des Rechtsstaats verfolgt und bestraft werden.“

Hooligans und rechtsextreme Schläger hatten sich in Köln Straßenschlachten mit den 1300 eingesetzten Polizisten geliefert. 49 Beamte waren bei dem Aufmarsch verletzt worden, der sich offiziell gegen radikal-islamischen Salafismus richtete. Die Polizei zeigte Dutzende Verdächtige an.

NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) sprach sich am Montag für ein Verbot derartiger Demonstrationen aus. „Das war keine politische Demonstration, da wurde eine Plattform für Gewalt geschaffen“, sagte er. „Wir müssen die Verwaltungsgerichte überzeugen, solche Veranstaltungen künftig zu verbieten.“ Von Behörden verhängte Verbote sind schon häufig von Gerichten unter Hinweis auf das weitreichende Demonstrationsrecht wieder aufgehoben worden.

Jäger sprach von einer „neuen Formation“ von Hooligans und Rechtsextremisten. Es habe noch keine rechtliche Handhabe gegeben, den Aufmarsch von vornherein zu verbieten. Er lobte die Polizei, die Schlimmeres verhindert habe.

„Die Lage wurde nicht präzise eingeschätzt“


NRW-Oppositionsführer Armin Laschet (CDU) vertrat die gegenteilige Auffassung: „Mein Eindruck ist, man hat die Lage nicht präzise eingeschätzt“, sagte der CDU-Bundesvize am Montag vor einer CDU-Präsidiumssitzung in Berlin. Man hätte die Kundgebung „schon im Ansatz untersagen müssen.“

Für Fanforscher Gunter A. Pilz ist diese Protestform nicht neu. „Diesen Zusammenschluss gibt es schon seit dem Frühjahr 2012“, sagt der Soziologe von der Universität Hannover der Deutschen Presse-Agentur. Damals hätten sich auf einer Feier des Dortmunder Rechtsextremisten Siegfried Borchardt mehrere eigentlich verfeindete Hooligan-Gruppen zusammengeschlossen.

Trotz des nun neu gefundenen gemeinsamen Feindbildes, den Salafisten, glaubt Pilz aber nicht, dass sich die „temporären Kampfgemeinschaften“ dauerhaft halten werden.

Man dürfe, so Pilz, nicht einfach von der deutschen Hooliganszene sprechen. „Die Szene, die sehr stark gewaltfasziniert ist, war eigentlich immer weitgehend unpolitisch und hat sich gegen jeden Vereinnahmungsversuch von Rechtsradikalen widersetzt. Meine Vermutung ist, dass wir in diesem Bereich, wo sich Rechte und Hooligans zusammenschließen, eher die sogenannten Proll-Hools haben, also Hooligans mit einem niedrigen Bildungsstand. Dagegen stehen die sogenannten Yuppie-Hools, die eher aus dem Bildungsbürgertum kommen.“