Die Krawalle rund um eine Demo von „Hooligans gegen Salafisten“ in Köln mit 44 verletzten Beamten markierten eine neue Qualität der Gewalt. Die Bewegung „Hooligans gegen Salafisten“ gewinnt rasant an Unterstützung.

Köln. Nach den massiven Krawallen von Hooligans und Rechtsextremen in Köln warnt die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Nordrhein-Westfalen vor einer neuen Qualität der Gewalt. Es sei erschreckend, welchen Zulauf die sogenannten „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa) in den vergangenen Wochen bekommen hätten, sagte der GdP-Landesvorsitzende Arnold Plickert.

Mindestens 4000 gewaltbereite Fans von teils verfeindeten Fußballclubs hatten sich am Sonntag zusammen mit Rechtsextremen in Köln zu einer Kundgebung versammelt. Es kam zu massiven Ausschreitungen, zahlreiche Polizisten wurden verletzt. Die Linke in NRW nahm Innenminister Ralf Jäger (SPD) dafür in die Verantwortung.

Der Zusammenschluss von Hooligans und Rechtsextremen bei den „Hooligans gegen Salafismus“ sei eine äußert gefährliche Entwicklung, sagte Plickert. „Wenn sich diese Gruppe jetzt verfestigt und noch wächst, dann haben wir aus meiner Sicht eine neue Qualität der Gewalt.“ Vor einigen Wochen habe die Gruppe noch mit wenigen Dutzend Teilnehmern in Mannheim und Essen demonstriert. In Dortmund kamen Anfang Oktober schon mehr als 300 Teilnehmer, die sich vor allem über soziale Netzwerke im Internet organisierten. „Und jetzt haben wir hier in Köln schon 4500 gehabt“, sagte er. „Der Kampf gegen den Salafismus ist nur ein Alibi – man will die Gewalt ausleben.“

Wasserwerfer, Schlagstöcke und Reizgas

Die Polizei war am Sonntag mit Wasserwerfern, Schlagstöcken und Reizgas gegen Teilnehmer der Kundgebung vorgegangen. Zuvor waren die Beamten mit Flaschen, Steinen und Feuerwerkskörpern beworfen worden. 44 Polizisten wurden verletzt, einer davon schwer. Auf Seiten der Demonstranten wurde nach Angaben der Polizei eine Person verletzt. 17 Gewalttäter wurden festgenommen. Auch mehrere Einsatzfahrzeuge der Polizei seien beschädigt worden. Die Demonstration war trotz der Zwischenfälle nicht abgebrochen worden, eine Gegendemonstration verlief friedlich und ohne Zwischenfälle.

Eine solche Eskalation der Gewalt habe es in Nordrhein-Westfalen seit langem nicht gegeben, sagte ein Polizeisprecher. „Das Gewaltpotenzial war insgesamt wahnsinnig groß, es herrschte eine sehr aggressive Stimmung der Polizei gegenüber.“ Zur gleichen Zeit kamen rund 500 Teilnehmer zu einer friedlichen Gegendemonstration zusammen. Die Polizei war nach unterschiedlichen Angaben mit 1000 bis 1400 Einsatzkräften vor Ort – die Polizei selbst kommentierte diese die Zahlen nicht. Zur Zahl der Demonstranten machte die Polizei auch am Montagmorgen noch keine Angaben.

Hubschrauber hätten auch Bilder aus der Luft gemacht, sagte der Polizeisprecher. Diese würden nun von szenekundigen Beamten ausgewertet, um die Angreifer auch nachträglich zur Rechenschaft ziehen zu können. „Sowas kennt man aus Berlin oder Hamburg – aber eigentlich nicht aus Nordrhein-Westfalen“, sagte der Sprecher.

Für die Kundgebung waren Teilnehmer aus der ganzen Bundesrepublik angereist, darunter auch rund 50 aus dem Raum Hannover. Dieser wurden bei ihrer Rückreise umfassend beobachtet. Am Umsteigebahnhof in Minden hatte die Polizei nach eigenen Angaben „vorsichtshalber Einsatzkräfte, darunter auch Diensthundeführer“, zusammengezogen und die Hooligans intensiv beobachtet. Zu Ausschreitungen sei es dort aber nicht gekommen.

Mehr Festnahmen im Vorfeld gefordert

Polizeigewerkschafter Plickert forderte, es müsse bei solchen Einsätzen von vornherein mehr Festnahmen geben, um leichter Beweise gegen mutmaßliche Straftäter sichern zu können. „Und dann erwarte ich auch von der Justiz, dass die Straftäter schnell verurteilt werden – mit einem Strafmaß, das abschreckt.“

Die Linke in NRW kritisierte, die Polizei habe mit ihrer „verharmlosenden Gefahrenanalyse“ völlig falsch gelegen. „Nun ist Innenminister Jäger in der Pflicht, Rechenschaft über diese verfehlte Einschätzung der Situation abzugeben und Konsequenzen daraus zu ziehen“, sagte Linken-Chefin Özlem Alev Demirel.

Die „Hooligans gegen Salafisten“ sind eine Bewegung, die sich im Internet gebildet hat und sich über soziale Netzwerke organisiert. Das Bundesinnenministerium beobachtet sie nach eigenen Angaben wegen der hohen Gewaltbereitschaft unter den Sympathisanten seit einiger Zeit verstärkt.

Schon Ende September hatten Hooligans in Dortmund gegen den islamistischen Prediger Pierre Vogel protestiert. Vor der neuen Kundgebung in Köln hatte der Landeschef der Polizeigewerkschaft, Erich Rettinghaus, im „Kölner Stadtanzeiger“ davor gewarnt, dass gewaltbereite Fußball-Anhänger mit Kontakten in die rechtsextremistische Szene Ängste in der Bevölkerung bezüglich islamistischer Extremisten ausnutzten. Die Hooligans drängelten sich „in die Rolle der Gutmenschen“, um mehr Anhänger zu mobilisieren“.