Die Zahl der Asylbewerber steigt 2014 auf rund 200.000

Berlin. Deutschland schiebt nach Angaben der Bundesregierung zu wenige Flüchtlinge ab. Ein Sprecher des Innenministeriums erklärte: „In der Durchsetzung der Ausreisepflicht besteht derzeit ein erhebliches Vollzugsdefizit.“ Viele Menschen würden „dauerhaft im Bundesgebiet verbleiben, auch wenn sie unter keinem Gesichtspunkt – auch nicht humanitär – für ein Aufenthaltsrecht infrage kommen“. Die geringe Zahl der Abschiebungen ist nach Angaben des Ministeriums ein Hauptgrund für die stark angestiegenen Flüchtlingszahlen. Auch Schleuser würden raten, einen Asylantrag in der Bundesrepublik zu stellen, weil Abschiebungen hierzulande „oftmals nicht durchgesetzt“ werden.

Ende Juni hielten sich nach Angaben des Sprechers rund 143.000 Ausreisepflichtige in der Bundesrepublik auf, obwohl ihr Asylantrag bereits abgelehnt wurde. Laut Statistik der Bundespolizei wurden im ersten Halbjahr 2014 dagegen nur etwa 5700 Personen abgeschoben. Laut Innenministerium werden in Deutschland in etwa so viele Personen zurückgeführt wie in Norwegen. In Großbritannien erfolgten hingegen mehr als doppelt so viele Abschiebungen wie hierzulande.

Das Innenministerium von Thomas de Maizière (CDU) möchte schnell handeln. Laut eines Sprechers wird ein Kabinettsbeschluss für den Gesetzentwurf zur Neubestimmung der Aufenthaltsbeendigung und des Bleiberechts noch in diesem Jahr angestrebt. Der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), sagte, man müsse „jetzt zügig daran arbeiten, dort, wo wir es können, die vielfältigen Abschiebungshindernisse zu beseitigen“. Ansonsten „bleibe die rechtskräftige Feststellung, dass kein Recht zum weiteren Aufenthalt in Deutschland besteht, in der Praxis folgenlos“.

Für den heutigen Donnerstag hat Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) die Staatskanzleichefs der Länder zum Flüchtlingsgipfel nach Berlin eingeladen. In der vergangenen Woche hatten sich die Innenminister von Bund und Ländern bereits darauf geeinigt, eine Koordinierungsstelle zur Rückführung von abgelehnten Asylbewerbern einzurichten. Innenpolitiker sehen verschiedene Gründe für die niedrige Abschiebequote. Eines der größten Hindernisse ist demnach, dass oftmals die Identität der Flüchtlinge nicht festgestellt werden kann. Zudem seien die Anforderungen für den Antrag auf Abschiebungshaft hoch. Das Bundesinnenministerium macht für die Diskrepanz zwischen der Zahl der Abschiebepflichtigen und den tatsächlichen Rückführungen die Länder mitverantwortlich: „Besonders problematisch“ seien pauschale Winterabschiebestopps in einigen Bundesländern sowie das Fehlen von Abschiebehaftanstalten. Die Länder sind für den Vollzug der Aufenthaltsbeendigung zuständig.