Generalsekretär Peter Tauber verteidigt vor Hamburger Unternehmern im Hotel The George den Kurs seiner Partei. Die Kritik um diesen Kurs wird hingegen immer lauter. Auch aus den eigenen Reihen.

Hamburg. Lange hat der Mann in dem Sakko mit den goldenen Manschetten zugehört. Aber kurz vor Ende der Diskussion will er Peter Tauber noch seine Meinung sagen. Er habe nicht das Gefühl, dass die CDU die politische Heimat von Unternehmern wie ihm sei. „Sie haben mir heute nicht sagen können, wo der Markenkern ihrer Partei liegt“, sagt ein anderer. Markenkern, dieses Wort hat Peter Tauber oft hören müssen in den vergangenen Jahren. Tauber ist Generalsekretär der CDU, er ist qua Amt neben der Parteichefin so etwas wie ein Manager der CDU – kein Fachpolitiker, aber einer, der Leitlinien ausarbeitet, einer, der den Betrieb am Laufen hält und die linken und rechten Flügel der Partei zusammen. Und Tauber steht derzeit unter Druck – von außen wie von innen.

Die Alternative für Deutschland (AfD) besetzt als neue Partei neben ihrem rechten Populismus auch einen Konservatismus, von dem sich die Union unter Angela Merkel weitestgehend verabschiedet hat. Die FDP ist weitestgehend verschwunden – und so muss sich die Union stärker um ihr Wirtschaftsprofil bemühen, das sie sich früher mit den Liberalen einfach in die Regierung holte. Doch der Eindruck vieler Gäste des Verbandes Die Familienunternehmer im Hotel The George ist ein anderer: Abschaffung der Hauptschule und der Wehrpflicht, eine Koalition mit der SPD im Bund, aus der nun die Rente mit 63 und der flächendeckende Mindestlohn erwachsen ist. Und das mit einer CDU in der Regierung. „Wo steuert die CDU hin?“, fragen die etwa 20 Familienunternehmer, die an diesem Abend mit Tauber zusammensitzen.

Der Generalsekretär verteidigt den Kurs der Union. Es laufe doch gut für die Partei, sagt Tauber. Seit der Bundestagswahl 2013 liegt die CDU in den Umfragen stabil bei 40 Prozent, während die SPD nicht von 25 Prozent wegkommt. Zudem habe die Partei eine „klare Haltung“ und setze sich für die Interessen der Unternehmen ein. „Wir führen täglich Abwehrschlachten gegen die SPD, die den Spitzensteuersatz erhöhen will.“ Auch heute sei für viele Mitglieder und Wähler der Union das „Christliche“ der Partei entscheidend. Zudem stehe die Union für die soziale Marktwirtschaft und Heimatverbundenheit. „Aber wir können Wahlen nicht mehr mit einer Politik wie in den 50er-Jahren gewinnen“, sagt Tauber. Die AfD sei eine solche Partei, die auf den Wunsch der Menschen setze, dass „alles so bleibe wie früher“. „Die AfD lebt von der Angst der Menschen vor Verlust.“ Aber diese Politik könne nicht im Interesse der Unternehmen sein.

Während die CDU im Bund gut dasteht, liegen die Christdemokraten in Hamburg in den Umfragen weit hinter der SPD. Auch in Hamburg tritt die AfD bei den Wahlen im Februar an, auch hier wird der Einzug der FDP knapp. Die CDU steht in der Hansestadt vor strategischen Entscheidungen: Wie positioniert sie sich zur AfD? Wie schärft sie ihr Profil gegen die SPD? CDU-Landeschef Marcus Weinberg sagt im Gespräch mit dem Abendblatt: „Die CDU ist die Partei der Neuen Bürgerlichkeit: Menschen, denen der Naturschutz wichtig ist, aber auch die Elbvertiefung, Menschen, denen Werte wie Verantwortung und Freiheit viel bedeuten, die aber auch in einer Homo-Ehe leben können.“ Eine Koalition mit der AfD sei „undenkbar“. Mit ihrer „Europafeindlichkeit“ und dem „rein neoliberalen“ Kurs gefährde sie die Basis des Wohlstands. Beim der Frauenquote habe die CDU im Bund gegen die SPD durchgesetzt, dass „Mittelstand und Familienunternehmen nicht mit unzumutbaren Auflagen bei der Besetzung von Führungspositionen“ belegt würden.

Doch Kritik am Kurs der Union kommt auch aus den eigenen Reihen. Der nach zwölf Jahren aus seinem Amt scheidende Vorsitzende der Jungen Union (JU), Philipp Mißfelder, bedauert die „Armut an Ideen und Personal“ in der Partei. Früher habe es in der CDU „mit Ole von Beust, Roland Koch, Christian Wulff, Günther Oettinger und Jürgen Rüttgers eine Fülle von CDU-Ministerpräsidenten der mittleren Generation gegeben, die jedes Wochenende starke Kritik geübt haben“, sagte Mißfelder der „Leipziger Volkszeitung“.

Die Junge Union wählt heute nach zwölfjähriger Rekordamtszeit von Mißfelder einen neuen Vorsitzenden. Eine Kampfkandidatur entscheidet über seinen Nachfolger: Sein Stellvertreter Benedict Pöttering tritt gegen Nordrhein-Westfalens JU-Chef Paul Ziemiak an. Ihr Naturell ist grundverschieden. Pöttering tritt forsch auf, auch gegenüber der Unionsführung. Ziemiak gilt als zurückhaltender und konsensbemühter. Ihre politischen Positionen ähneln sich aber, etwa in der Forderung nach intensiver Auseinandersetzung mit der AfD und der Kritik an der Rente mit 63.