„Aktion gegen Asylrechtsverschärfung“ besetzte einige Stunden Berliner Bundesgeschäftsstelle

Berlin. Es ging ganz schnell und einfach. Die knapp 40 Menschenrechtsaktivisten und Flüchtlinge klingelten am Mittwochvormittag an der Tür des sanierten Altbaus, und drinnen waren sie in der Parteizentrale der Grünen. Eine Gruppe, die sich „Aktion gegen Asylrechtsverschärfung“ nennt und seit etwa zwei Jahren für die Flüchtlingsproteste rund um den Berliner Oranienplatz steht, besetzte für ein paar Stunden die Bundesgeschäftsstelle (BGS) der Öko- und Bürgerrechtspartei. Ausgerechnet Ärger für die Partei, die wie keine andere für eine andere Asylpolitik im Sinne der Flüchtlinge steht?

Für die Besetzer eine klare Sache: Sie wollen Druck machen. Die sieben Bundesländer mit grüner Regierungsbeteiligung sollen an diesem Freitag im Bundesrat das umstrittene schwarz-rote Gesetz zu „sicheren Herkunftsländern“ ablehnen und keinem Deal zustimmen. Es gebe keine eindeutige Haltung der Grünen, rechtfertigte ein Sprecher der Aktivisten die Aktion. Und bekommt Zuspruch auch aus den Reihen der Grünen. „Gäbe es eine klare Haltung aus manchen Bundesländern, würden sich auch manche nicht genötigt sehen, die BGS zu besetzen“, twitterte die Sprecherin der Grünen Jugend, Theresa Kalmer.

Mit „manche Bundesländer“ meint sie vor allem Baden-Württemberg mit Regierungschef Winfried Kretschmann. Der Grüne steht natürlich zu den asylpolitischen Grundsätzen seiner Partei. Wozu gehört, dass Roma aus Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina nicht pauschal das Asylrecht verwehrt werden soll. Allerdings: Gerade Baden-Württemberg hat Probleme mit einer steigenden Zahl an Flüchtlingen. Ein Dilemma für Kretschmann und die Bündnis-Grünen.

Schwarz-Rot hat vereinbart, dass die Westbalkanländer Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina als „sichere Herkunftsstaaten“ eingestuft werden. Flüchtlinge von dort hätten dann kaum noch eine Chance auf Asyl in Deutschland, ihre Anträge könnten im Schnellverfahren abgelehnt werden.

Die Grünen können – auch wenn sie im Bundestag die kleinere Oppositionspartei sind – dank der Beteiligung an Landesregierungen schwarz-rote Pläne durchkreuzen. Das Gesetz zu „sicheren Herkunftsländern“ kann nur in Kraft treten, wenn mindestens eines der Länder mitzieht, in denen Grüne mitregieren. Die Grünen in den Ländern wollen sich aber nach derzeitigem Stand nicht auseinanderdividieren lassen und nur geschlossen abstimmen.

Entsprechend umworben sehen sich die Grünen, die der Koalition über den Bundesrat Verbesserungen in der Flüchtlingspolitik abringen wollen. Die Rollenverteilung ist klar: Die Spitzen auf Bundes- und Bundestagsebene geben sich unnachgiebig. Auf Länderebene klingt es oft moderater. Mit den Plänen der Koalition zu den drei Balkanstaaten kann dort mancher Grüner leben. Zumal Flüchtlingszahlen explodieren und Kommunen überfordert sind.

Getan hat sich bisher nichts. Seit dem Sommer warten die Grünen auf ein „ernsthaftes“ Angebot der Bundesregierung. Doch bisher hat Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) nach Darstellung der Grünen nichts vorgelegt. Hinter den Kulissen sollte weiter ein Kompromiss ausgelotet werden.

Den Grünen ist wichtig: Kommunen dürften bei Gesundheitsleistungen für Asylbewerber nicht im Stich gelassen werden. Angesichts des Fachkräftemangels und trotz des diskutierten kürzeren Arbeitsverbots seien Änderungen an der Vorrangregelung nötig.