Bundespräsident legte zum 75. Jahrestag auf der Westerplatte Lichter auf Soldatengräbern nieder

Danzig. Bundespräsident Joachim Gauck und sein polnischer Kollege Bronisław Komorowski haben gemeinsam der beim deutschen Angriff auf die Westerplatte gefallenen Soldaten gedacht. Auf einem Friedhof des polnischen Heeres auf der Halbinsel bei Danzig legten die Präsidenten Lichter auf den Gräbern der Soldaten nieder. Bei der zentralen polnischen Gedenkfeier zum 75. Jahrestag des deutschen Überfalls und des Beginns des Zweiten Weltkrieges hielten die beiden Präsidenten Reden. Anschließend war eine Diskussion mit deutschen und polnischen Studenten geplant.

„Uns führt heute das Gedenken zusammen“, sagte Gauck. „Aber genauso stehen wir angesichts der aktuellen Bedrohung zusammen.“ Den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine bezeichnete er als „kriegerische Auseinandersetzung um neue Grenzen und um eine neue Ordnung“. Und fügte hinzu: „Stabilität und Frieden auf unserem Kontinent sind wieder in Gefahr.“

Komorowski warf Russland vor, „Träume von eigener Größe und nationalen Einflusszonen“ zu verfolgen und dadurch den Frieden in Europa aufs Spiel zu setzen. „Wir müssen dem mit Mut und Entschlossenheit entgegentreten“, forderte der polnische Präsident. Er warnte davor, gegenüber Russland eine Appeasement-Politik zu verfolgen, die in den 30er-Jahren den Aufstieg Hitlers begünstigt habe: „Hier auf der Westerplatte spricht die Geschichte besonders deutlich zu uns.“

Am frühen Morgen hatte der polnische Regierungschef und künftige Vorsitzende des EU-Rates Donald Tusk dafür plädiert, auf dem Nato-Gipfel in wenigen Tagen das Bündnis zu stärken. „Wenn wir heute auf die Tragödie der Ukrainer blicken, auf den Krieg im Osten unseres Kontinents, dann wissen wir, dass der September 1939 sich nicht wiederholen darf“, sagte er beim Gedenkappell auf der Westerplatte um 4.45 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt waren am 1. September 1939 die ersten Schüsse des Zweiten Weltkriegs gefallen.

Gauck kündigte eine entschlossene Reaktion des Westens auf die russische Aggression an: „Wir werden Politik, Wirtschaft und Verteidigungsbereitschaft den neuen Umständen anpassen“, sagte er. Nach dem Fall der Mauer hätten die EU, die Nato und die Gruppe der großen Industrienationen Russland auf verschiedene Weise integriert. „Diese Partnerschaft ist von Russland de facto aufgekündigt worden.“ Grundlage einer guten Nachbarschaft müsse eine Rückkehr Russlands „zur Achtung der Prinzipien des Völkerrechts sein“.

Der Westen stelle sich „jenen entgegen, die internationales Recht brechen, fremdes Territorium annektieren und Abspaltung in fremden Ländern militärisch unterstützen“, sagte Gauck. Die Geschichte lehre, „dass territoriale Zugeständnisse den Appetit von Aggressoren oft nur vergrößern“. Polen und Deutschland sieht Gauck Seite an Seite: „Gemeinsam nehmen wir die besondere Verantwortung an, die uns in den Konflikten in unserer Nachbarschaft zugewachsen ist.“