Antisemitische Parolen bei Demonstrationen schrecken Politik auf. Polizei gefordert

Berlin. Der Gaza-Krieg strahlt immer stärker auch auf Deutschland aus. Bei einer Demonstration gegen Israels gewaltsames Vorgehen im Gazastreifen in Kassel wird „Scheiß Juden“ geschrien, immer wieder. In Frankfurt werden Plakate wie „Ihr Juden seid Bestien“ durch die Straßen getragen. Auf dem Ku’damm in Berlin erklingt der Chor: „Jude, Jude, feiges Schwein – komm heraus und kämpf allein“.

Der jüngste Krieg im Nahen Osten sorgt dafür, dass in europäischen Städten antisemitische Parolen der übelsten Art skandiert werden. Und: Mitten in Berlin, auf dem Boulevard Unter den Linden, wurde ein Paar von pro-palästinensischen Demonstranten verfolgt. Der Mann hatte sich mit einer Kippa auf dem Kopf als Jude zu erkennen gegeben. Der Präsident des Zentralrats der Juden, Dieter Graumann, meint dazu: „Niemals im Leben hätte ich mir vorgestellt, dass wir so eine Hetze gegen Juden in Deutschland wieder hören könnten.“ Israels Botschafter Yakov Hadas-Handelsman findet sogar: „Sie verfolgen Juden in den Straßen Berlins, als ob wir uns im Jahr 1938 befinden.“ Damals wurden in den November-Pogromen Hunderte Juden von Nazis ermordet oder in den Tod getrieben. Es sind aber nicht die Demonstrationen allein. Auch im Internet wird Stimmung gemacht. Beim Zentralrat der Juden ist man derzeit damit beschäftigt, üble Kommentare von der Facebook-Seite zu tilgen.

Das Ausmaß an Judenhass hat viele überrascht. Auch bei früheren Nahost-Konflikten gab es neben berechtigter Kritik an Israel Proteste mit übler Tonart. Im Unterschied zu früher sind neben Neonazis und extremen Linken jetzt jedoch deutlich mehr Einwanderer auf den Straßen. Zahlreiche arabisch-palästinensische Demonstranten riefen die unsäglichen Parolen. Nach antiisraelischen Gewaltaufrufen in einem Internetvideo ermittelt der Berliner Staatsschutz zudem gegen den dänischen Imam Bilal Ismail wegen Volksverhetzung. Er soll in einer Neuköllner Moschee gepredigt haben: „Oh Allah, zerstöre die zionistischen Juden. Zähle sie und bringe sie um, bis zum Letzten.“

Außenminister Frank-Walter Steinmeier stellte am Dienstag mit seinen Kollegen aus Frankreich und Italien – auch dort hatte es antijüdische Vorkommnisse gegeben – klar: „Antisemitische Hetze und Anfeindungen gegen Juden, Angriffe auf Menschen jüdischen Glaubens und Synagogen haben in unseren Gesellschaften keinen Platz. Nichts rechtfertigt ein solches Handeln bei uns in Europa.“

Die deutsche Polizei will bei Landfriedensbruch, Volksverhetzung oder Beleidigung künftig früher einschreiten. Auch über das Verbot von Demonstrationen wird nachgedacht.