Gericht lehnt Wunsch der mutmaßlichen NSU-Terroristin nach neuen Verteidigern ab. Damit wird Zschäpe weiter durch die Pflichtverteidiger Heer, Stahl und Sturm vertreten. Urlaubsfreundin sagt als Zeugin aus.

München. Die Hauptangeklagte im NSU-Prozess, Beate Zschäpe, muss ihre drei bisherigen Anwälte gegen ihren Willen behalten. Das Münchner Oberlandesgericht (OLG) hat ihren Wunsch nach neuen Verteidigern abgelehnt, wie der Vorsitzende Richter Manfred Götzl am Dienstagnachmittag zu Beginn des 129. Verhandlungstags bekanntgab. Zschäpes Begründung für ihren spektakulären Schritt war demnach juristisch nicht ausreichend.

Zschäpe hatte vergangene Woche erklärt, ihren drei Verteidigern Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm nicht mehr zu vertrauen. Das OLG verlangte daraufhin eine schriftliche Begründung. Darin legte die 39-Jährige nach Ansicht des Gerichts nun nicht ausreichend stichhaltig dar, warum das Vertrauensverhältnis zu ihren Anwälten endgültig und nachhaltig erschüttert sein soll – das wären die Voraussetzungen für einen Wechsel der Verteidiger gewesen.

Götzl sagte als Grund für die Ablehnung von Zschäpes Antrag, dieser habe keine konkreten und hinreichenden Anhaltspunkte dafür enthalten, dass das Vertrauensverhältnis zu ihren Anwälten so nachhaltig gestört sei, dass eine sachgerechte Ausübung des Mandats für ihn als Vorsitzenden erkennbar unmöglich wäre. Weitere Details nannte der Richter nicht. Er erwähnte aber, dass sich Zschäpe bei ihrem Antrag von einem weiteren Anwalt habe beraten lassen.

Zschäpe kann ihre Anwälte nicht selbst entlassen, weil es sich um gerichtlich bestellte Pflichtverteidiger handelt – die Entscheidung liegt beim Gericht.

Die Atmosphäre zwischen Zschäpe und ihren Verteidigern wirkte angespannt – schon als die Hauptangeklagte den Gerichtssaal betrat. Anders als sonst unterblieben etwa Plaudereien vor Beginn.

Bislang konnte nur gemutmaßt werden, warum Zschäpe offenbar das Vertrauen zu ihren Anwälten verloren hat. Gemunkelt wurde, dass sie der Schweigestrategie ihrer Anwälte zumindest nicht mehr so konsequent folgen will wie bisher. Sie hat an allen bislang 128 Verhandlungstagen keine einzige Frage beantwortet und keine Aussage gemacht. Es soll aber Themen geben, zu denen sie reden möchte.

Dass das Gericht die Zschäpes Anwälte im Amt lässt, ist nicht ohne Risiko. Nach Ansicht von Juristen könnten Revisionsgründe entstehen, mit denen das Urteil später aufgehoben werden könnte. Auch dann müsste von vorn verhandelt werden.

Für Urlaubsfreundin hieß Zschäpe „Liese“

Zschäpe soll mitverantwortlich sein für die Ermordung von zehn Menschen überwiegend türkischer Abstammung, für zwei Bombenanschläge und 15 Raubüberfälle in den Jahren 2000 bis 2011. Vor Gericht stehen außerdem vier mutmaßliche Helfer der Gruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU), die von den Ermittlern als terroristische Vereinigung eingestuft wird. Die beiden mutmaßlichen Haupttäter Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hatten sich bei ihrer Enttarnung das Leben genommen. Beim Zerstören der Zwickauer Wohnung soll Zschäpe laut Bundesanwaltschaft zudem den Tod ihrer alten Nachbarin billigend in Kauf genommen haben.

Als Zeugen für den Dienstagnachmittag waren zwei frühere Bekanntschaften der mutmaßlichen NSU-Terroristen geladen, die das Trio einst zufällig beim Urlaub an der Ostsee getroffen hatten.

Dabei sagte die eine heute 21-jährige Zeugin, Zschäpe habe die gemeinsame Urlaubskasse des NSU-Trios verwaltet. Zschäpe habe stets die Rechnungen beglichen, wenn die drei etwas einkauften. Sie „hatte ein großes Portemonnaie, das immer voll mit Scheinen war, sogar Fünfhunderter“, sagte die Zeugin. Ihre beiden Gefährten – Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt – hätten dagegen nie Geld bei sich gehabt.

Die Männer hätten viele Späße gemacht und viele Geschichten erzählt, sagte sie. Dabei sei es einmal auch um Bomben gegangen. „Die Männer haben über Bomben erzählt, als hätte das jeder in der Jugend gebaut.“ Einer der beiden habe sie gefragt: „Was, du hast noch nie eine Bombe gebaut?“ Dann hätten sie ihr erklärt, wie das geht. Es habe sie aber nicht interessiert.

Beate Zschäpe habe sie unter dem Namen Liese gekannt, die beiden Männer als Gery und Max, sagte die Zeugin. Die drei hätten die Familie gelegentlich auch daheim in Niedersachsen besucht. Die Freundschaft vor allem zu „Liese“ sei sehr eng gewesen. Mit ihr habe sie auch persönliche Dinge besprochen. Zu Beginn der Vernehmung war die Zeugin in Tränen ausgebrochen. Auch Zschäpe wirkte angeschlagen.

Um das Feuer, mit dem Zschäpe die letzte Fluchtwohnung des NSU-Trios in Zwickau zerstört hatte, wird es erst zu einem späteren Termin gehen. Dieses Thema war ursprünglich für den Vormittag geplant gewesen – den Vormittagstermin sagte das Gericht aber ab.