Hamburg. Sie haben die Einführung der Primarschule verhindert, das Wahlrecht verändert und den Rückkauf der Energienetze durchgesetzt: Volksinitiativen haben in den vergangenen Jahren großen Einfluss auf die Politik in Hamburg genommen. Über erfolgreiche Volksentscheide oder Verhandlungen mit der Bürgerschaft wurden viele Vorhaben umgesetzt, die ihren Ursprung nicht im Parlament, sondern bei engagierten Bürgern der Stadt hatten.

Hamburg hat sich mittlerweile zu einem Vorreiter der direkten Demokratie entwickelt – obwohl die Hansestadt erst 1996 als letztes Bundesland die Möglichkeit von Volksentscheiden per Verfassungsänderung einführte. Zahlreiche Reformen haben die zunächst eingeschränkten Möglichkeiten der Bürger aber immer weiter gestärkt.

„Das ‚Hamburger Modell‘ ist in vielem innovativ“, schreibt Prof. Andreas von Arnauld in der soeben erschienenen Broschüre „Direkte Demokratie in Hamburg. Fast zwanzig Jahre direkte Bürgerbeteiligung“. Hamburg sei „zu einer Art Labor für direktdemokratische Feldversuche geworden“, so von Arnauld. Hierfür eigne sich ein Stadtstaat besonders gut, da die Menschen nah beieinander lebten und daher auch öfter unmittelbar betroffen seien.

Die 176 Seiten umfassende Aufsatzsammlung der Landeszentrale für politische Bildung beleuchtet die direkte Demokratie in Hamburg aus unterschiedlichen Perspektiven – aus der juristischen, parlamentarischen, der Sicht der Initiativen und der Medien. Als Autoren haben u.a. der SPD-Fraktionschef Andreas Dressel, Landeswahlleiter Willi Beiß, die Volksinitiatoren Manfred Braasch und Walter Scheuerl und der stellvertretende Chefredakteur des Abendblatts, Matthias Iken, Texte beigesteuert.

Für Manfred Brandt vom Verein Mehr Demokratie dient die direkte Demokratie vor allem dazu, die Identifikation der Menschen mit dem Gemeinwesen zu stärken. „Die parlamentarische Demokratie ist in Gefahr, weil das Ansehen der Parteien immer weiter sinkt“, so Brandt. Umso wichtiger werde die direkte Beteiligung der Menschen an politischen Entscheidungen.

„Vom Nachzügler sind wir zum Vorreiter in Sachen Bürgerbeteiligung geworden“, sagt SPD-Fraktionschef Dressel. „Auch die Einführung des Transparenzgesetzes hat die Hamburger Demokratie verbessert.“ Dass man dennoch nicht immer einer Meinung sei, zeige sich an den Diskussionen über das Bezirkswahlrecht und die Abschaffung der Einheitsgemeinde.