Die CDU dringt darauf, käufliche Liebe künftig erst ab 21 Jahren zu erlauben. Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) lehnt das ab

Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) will sich zum brisanten Thema Reform des Prostitutionsgesetzes ein umfassendes Bild machen. Deshalb hatte sie sich dieser Tage Experten zu einer Anhörung geladen. Doch die war offenbar so brisant, dass das Treffen unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand. Nicht einmal die Namen der Teilnehmer wollte das Ministerium verraten. „Aus datenschutzrechtlichen Gründen“, wie es hieß. Der Grund für die Zurückhaltung dürfte ein anderer sein: Union und SPD sind sich uneinig, wie die Reform aussehen soll.

Dabei schien im November noch alles klar. Damals verständigte man sich im Koalitionsvertrag darauf, das seit 2002 geltende Prostitutionsgesetz zu überarbeiten. Es herrschte große Einigkeit darüber, dass das seinerzeit von Rot-Grün eingeführte Regelwerk zwar gut gemeint war – aber nicht gut wirkte. Der Versuch, aus Prostituierten sozialversicherungspflichtige Sexarbeiterinnen zu machen, ist in der Praxis gescheitert.

Selbst die Betroffenen kritisierten die Regelungen als weltfremd. Die einst eingeführte Möglichkeit, Arbeitsverträge mit Urlaubsanspruch abzuschließen, nutzten die wenigsten.

Die Große Koalition ging das Thema deshalb mit großem Elan an. „Wir wollen Frauen vor Menschenhandel und Zwangsprostitution besser schützen und die Täter konsequenter bestrafen“, heißt es im Koalitionsvertrag und: „Zudem werden wir das Prostitutionsgesetz im Hinblick auf die Regulierung der Prostitution umfassend überarbeiten und ordnungsbehördliche Kontrollmöglichkeiten gesetzlich verbessern.“ Noch in diesem Jahr sollte ein neuer Entwurf vorgelegt werden. Im internen Zeitplan, auf den sich die SPD-Minister im Frühjahr verständigten wurde das Projekt mit dem Stichwort „Jahresende“ versehen.

Nun gerät das Vorhaben aber offenbar ins Stocken. Zwar bestätigte eine Sprecherin des Familienministeriums, dass zurzeit ein Referentenentwurf erarbeitet wird. Wann dieser vorliegen werde, könne man aber nicht sagen. In der Zwischenzeit wird gestritten. Die Union preschte mit einem eigenen Eckpunktepapier vor. Es sieht schärfere Strafen für Freier vor, die die Lage von Zwangsprostituierten ausnutzen. Außerdem werden mehr Kontrollen von Bordellen verlangt, die Einführung einer Anmeldepflicht für Prostituierte und regelmäßige Gesundheitsuntersuchungen. Besonders umstritten ist aber die Forderung nach einer Mindestaltersgrenze von 21 Jahren für Sexarbeit. Bislang liegt in Deutschland das Mindestalter für Prostitution bei 18 Jahren.

Zunächst traten die Grünen auf den Plan: Eine Altersgrenze von 21 Jahren dränge junge Frauen in die Illegalität ab, argumentieren sie – zumal keine Statistik das Argument stütze, die Nachfrage nach jüngeren Prostituierten habe zugenommen. Rückendeckung für die Opposition gab es ausgerechnet aus dem Familienministerium. Auf eine Kleine Anfrage der Grünen hin berichtete die parlamentarische Staatssekretärin Elke Ferner, dass der Regierung keine Statistiken oder Studien bekannt seien, „aus denen eine steigende Nachfrage nach immer jüngeren Frauen hervorgeht“. Im Klartext: Das Argument der Union ist statistisch nicht haltbar.

Auch sonst hält man im Ministerium wenig von den Unionsforderungen. In einem internen Ministeriumspapier, in dem die Eckpunkte der Union zur Bekämpfung von Zwangsprostitution und Menschenhandel bewertet werden, heißt es zur Altersgrenze: „Fachliche Tendenz ist eher ablehnend; bedarf auch innerhalb der BReg (Bundesregierung, d. Red.) der sorgfältigen Klärung.“ Auch die von der Union geforderte Einführung einer Untersuchungspflicht wird in der zuständigen Fachabteilung des Ministeriums skeptisch gesehen.

Begrüßt wird von Schwesigs Fachleuten hingegen die Einführung einer Erlaubnispflicht von Bordellen (mit Zuverlässigkeitsprüfung des Betreibers) und ein verbessertes Aufenthaltsrecht von Zwangsprostituierten.

Erleichtert ist man im Familienressort auch, dass sich die Union ausdrücklich vom „schwedischen Modell“ distanziert, Freier generell zu bestrafen. Für dieses wirbt unter anderem die „Emma“-Chefin Alice Schwarzer. Aber selbst die von der Union geforderte Strafbarkeit für Freier von Zwangsprostituierten sehen die Fachleute skeptisch. Diese hätte „eher Symbolcharakter“, weil sie kaum jemals zu Verurteilungen führen würde, heißt es in der Bewertung.

Die Union beharrt indes auf ihren Positionen. „Wir sehen die Notwendigkeit der Altersbegrenzung“, sagt die Bundestagsabgeordnete Nadine Schön, Mitverfasserin des Eckpunktepapiers. Opferschutzverbände und Polizei hätten eine solche Regelung „uns eindringlich ans Herz gelegt“. Man beobachte dort eine deutliche Zunahme an jungen Prostituierten mit wenig Lebenserfahrung und schlechten Sprachkenntnissen, die nicht freiwillig nach Deutschland gekommen seien: „Eine Altersgrenze kann hier Schutz bieten“, stellt Schön fest.

Verfassungsrechtliche Bedenken sieht die CDU-Frau keine, schließlich gebe es höhere Altersgrenzen auch in weniger sensiblen Bereichen wie beim Führerschein für Lastwagen. Auch auf schärfere Maßnahmen gegen die Profiteure von Zwangsprostitution will Schön nicht verzichten: „Wer wissentlich und willentlich die Lage einer Zwangsprostituierten ausnutzt, muss bestraft werden.“