Am 4. November 2011 flog der „Nationalsozialistische Untergrund“ auf, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt starben. Zeugen im NSU-Prozess schildern den Banküberfall und eine wilde Flucht an jenem Tag.

München. Die Szene, die der 71-jährige Rentner als Zeuge im NSU-Prozess schildert, passt nicht so recht ins Bild, das die Öffentlichkeit von den mutmaßlichen Rechtsterroristen hat. Er will am 4. November 2011 am Bankautomaten Geld ziehen. Da stürmen zwei maskierte Männer an ihm vorbei in die Sparkassenfiliale in Eisenach Nord und rufen: „Banküberfall!“

Der eine zerrt ihn am Arm in den Schalterraaum. Dort muss er sich auf den Boden kauern. Gleich darauf kommt der Räuber noch einmal auf ihn zu. „Da hat er mir das Geld gebracht, was da schon im Automaten steckte“, schildert der Mann am Dienstag vor dem Oberlandesgericht München.

Die Täter – das waren nach Überzeugung der Bundesanwaltschaft Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt. Der Überfall ist die letzte Tat, die die beiden kurz vor ihrem gewaltsamen Tod verüben. Und was die anderen Zeugen aus der Bank schildern, zeigt, wie kaltblütig und brutal sie dabei vorgehen.

Der Filialleiter, ein junger Mann von damals 29 Jahren, erinnert sich vor Gericht: „Der eine, der auf mich zugelaufen ist, hatte einen Revolver. Der andere jagte meine Kollegin um einen Tisch. Ich meine, mich zu erinnern, dass er zwei Waffen in den Händen hielt.“ Eine weitere Kollegin, die am Dienstag ebenfalls als Zeugin aussagt, habe sich da schon in einem Zimmer eingeschlossen, in dem sich eine Notkasse befand.

Ihr Chef habe dann von draußen durch die Tür gerufen, sie möge sofort öffnen. Das habe sie getan. „Da standen er und einer der Maskierten mir gegenüber, und er hat dann nur gesagt: Geld her!“

Zunächst hätten sie ihm den Inhalt der Notkasse gegeben, etwa 5000 bis 10 000 Euro. Die Täter wollten aber mehr. Das sei nicht möglich, habe der Filialleiter gesagt, weil die Kasse zeitgesteuert sei. Da sei einer der beiden wütend geworden und habe ihm den Pistolenlauf über den Kopf geschlagen.

Schließlich habe eine der Kolleginnen entschieden: „Es reicht! Wir gehen in den Tresor.“ Einer der Täter sei mitgekommen und habe den gesamten Vorrat an Geldscheinen in eine Plastiktüte gesteckt, „aber er hat es fallen lassen“, erinnert sich der Filialleiter. Seine Kolleginnen seien „auf dem Boden herumgekrabbelt“, hätten die Scheine eingesammelt.

Minuten später sieht ein Zeuge die beiden Männer nur wenige Hundert Meter entfernt. „Ich hatte gegen 9.25 Uhr meine Wohnung verlassen mit dem Ziel, im Lidl-Markt einzukaufen“, berichtet der inzwischen 79 Jahre alte Mann dem Gericht. Er wisse das so genau, weil er an diesem Morgen ein Fußballspiel im Fernsehen gesehen habe. Auf dem Parkplatz habe ein Wohnmobil gestanden, das ihm gut gefallen habe, „so dass ich da öfter hingeguckt habe“.

Dann seien ihm zwei Radfahrer entgegengekommen – „die kamen förmlich angeflogen und fuhren in Richtung Wohnmobil“. Der eine habe sich gleich ans Steuer gesetzt, der andere die Fahrräder hinten eingeladen. Dann seien sie „so schnell angefahren, dass die Vorderräder durchgedreht sind“. Gleich darauf seien Polizisten in einem Funkwagen gekommen und hätten Passanten nach Radfahrern gefragt. Er habe sich sofort gemeldet und mitgeteilt, dass er auch auf das Kennzeichen geachtet hat. Der erste Buchstabe sei ein V gewesen, für den Vogtlandkreis.

Es war die letzte Fahrt von Mundlos und Böhnhardt. Wenig später und nur wenige Kilometer entfernt schießen sie aus dem Wohnmobil auf Polizisten. Dann geht das Fahrzeug in Flammen auf. Beide Männer sterben. Dass sie mutmaßlich aus fremdenfeindlichen Motiven zehn Morde begangen haben sollen, wird erst danach Stück für Stück klar. An diesem Mittwoch will das Gericht Polizisten und Sachverständige befragen, die die beiden toten Terroristen fanden und das Wohnmobil untersuchten.