Eine aktuelle Studie zeigt: In einer zunehmend technisierten und durchorganisierten Welt steht Wildnis für positive Eigenschaften wie „echt,“ „rein“ und „unverfälscht“.

Berlin. Es ist noch nicht lange her, da war Wildnis ein Synonym für Bedrohung, für Unbeherrschbarkeit und Todesangst. Seit es in Deutschland kaum noch Wildnis gibt, wächst die Sehnsucht nach unberührter Natur. In einer zunehmend technisierten und durchorganisierten Welt steht Wildnis für positive Eigenschaften wie „echt,“ „rein“ und „unverfälscht“.

Fast jeder zweite Deutsche wünscht sich daher mehr Wildnis in Deutschland, wie aus der aktuellen Studie zum „Naturbewusstsein 2013“ hervorgeht, die das Bundesamt für Naturschutz (BfN) am Montag in Bonn vorstellt. Danach würden es 42 Prozent der Befragten begrüßen, wenn es in Deutschland mehr Naturflächen geben würde, die wieder sich selbst überlassen werden. Vor allem in Wäldern sollte sich mehr Wildnis entwickeln können, aber auch Moorlandschaften, Flussauen oder ehemalige Truppenübungsplätze sollten verwildern können – was die ohnehin schon sehr ausgeprägte Naturliebe der Deutschen noch steigern könnte: 65 Prozent der Befragten gaben zu Protokoll, dass ihnen Natur umso besser gefällt, je wilder sie ist. Und nur 36 Prozent sind der Meinung, dass ein Wald „ordentlich“ aussehen sollte.

Nach 2009 und 2011 ist es das dritte Mal, dass die BfN-Experten in einer Studie die Einstellung der Bundesbürger zur Natur erfassen. Erstmals beschäftigt sich dabei ein Kapitel auch mit dem Verhältnis der Deutschen zur Wildnis. Danach verbinden 55 Prozent der Befragten den Begriff Wildnis spontan vor allem mit exotischen Tieren wie Tiger, Löwe, Elefant und Krokodil. 44 Prozent denken bei Wildnis an Wälder, Regenwald und Dschungel. Für jeden dritten Deutschen bedeutet Wildnis unberührte Natur. Und 18 Prozent setzten Wildnis mit der Abwesenheit von Menschen und Zivilisation gleich.

Die Begeisterung der Deutschen für Wildnis wertet BfN-Präsidentin Beate Jessel als Beleg dafür, dass Deutschland beim Naturschutz den richtigen Kurs eingeschlagen hat. Im Rahmen der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt hat die Bundesregierung beschlossen, dass sich bis 2020 auf mindestens zwei Prozent der Landesfläche die Natur nach ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten entwickeln kann.

Mit der Begeisterung für die Wildnis wächst auch die Zustimmung für die Rückkehr heimischer Wildtiere. Besonders beliebt sind Biber (67 Prozent), Luchs (64 Prozent) und Wildkatze (63 Prozent). Am schwersten tun sich die Deutschen mit dem Wolf, der einst für das Böse schlechthin stand. Nur 44 Prozent der Deutschen sind der Meinung, dass sich Wölfe in Deutschland weiter verbreiten sollten.