Vertreter aller Hamburger Fraktionen äußern sich skeptisch zu Albigs Vorschlag, die Reparatur kaputter Straßen durch eine Sonderabgabe aller Autofahrer zu finanzieren. Kritik auch aus den eigenen Reihen.

Berlin/Hamburg. Mit dem Vorschlag einer Sonderabgabe aller Autofahrer zur Reparatur kaputter Straßen ist Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) auf Kritik nicht nur aus Reihen der Opposition, sondern auch von der eigenen Partei und dem Koalitionspartner im Bund gestoßen. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer, dessen Partei in den Koalitionsverhandlungen eine Pkw-Maut für Ausländer durchgesetzt hat, lehnte den Vorstoß ab: „Wir wollen Gerechtigkeit und keine neue Abgabe für die deutschen Autofahrer.“

Auch der verkehrspolitische Sprecher der Union im Bundestag, Dirk Fischer, äußerte sich skeptisch zum Vorstoß des SPD-Politikers. „Herr Albig macht den dritten Schritt, bevor wir überhaupt den ersten gegangen sind“, sagte Hamburgs CDU-Politiker dem Abendblatt. Fischer verwies auf die im Koalitionsvertrag vereinbarten zusätzlichen fünf Milliarden Euro des Bundes für Straßen, Schienen- und Wasserwege des Bundes sowie die Erweiterung der Straßen-Bemautung für die Verkehrsinfrastruktur. Albig habe dies doch gerade mit ausgehandelt und vereinbart, hob Fischer hervor.

Deutschland brauche zwar eine Sanierung der alten Autobahnen, sagte der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Stephan Kühn, dem Abendblatt. Aber alle Mittel für Straßen im Bundeshaushalt würden „in teils irrsinnige Neubauprojekte“ fließen. Die Koalition von SPD und Union setze die falschen Prioritäten.

Die Hamburger SPD-Bürgerschaftsfraktion äußerte sich zurückhaltend zu den Äußerungen des Ministerpräsidenten. „Der Sanierungsbedarf der Infrastruktur ist in Bund und Ländern riesengroß“, sagte der SPD-Fraktionschef Andreas Dressel. Der Analyse von Torsten Albig könne er somit zustimmen. „Bevor wir jetzt allerdings neue Gebührenmodelle entwickeln, sollten wir zunächst die Lkw-Maut ausweiten und die Hausaufgaben aus dem Koalitionsvertrag abarbeiten“, räumte Dressel ein. Zum jetzigen Zeitpunkt ergebe es wenig Sinn, sich neue Gebührenvarianten zu überlegen.

Deutlichere Worte fand die Hamburger FDP-Bürgerschaftsfraktionschefin Katja Suding. „Ich halte überhaupt nichts von dem Vorstoß“, sagte Suding. „Wenn der Staat an anderer Stelle nicht das Geld zum Fenster rausschmeißen würde, dann wäre auch genug Geld für die Infrastruktur vorhanden.“ Zu den unnützen Ausgaben in Hamburg zählt die FDP-Politikerin etwa das 260 Millionen Euro teure Busbeschleunigungsprogramm.

Ministerpräsident Albig räumte ein, dass sein Vorschlag wenig populär sei. Er sehe aber keine Alternative: „Wer Angst hat, abgewählt zu werden, weil er für reparierte Straßen zusätzlich 100 Euro im Jahr von den Menschen verlangt, der wird irgendwann abgewählt, weil dieselben Menschen nicht mehr über unsere Straßen vernünftig zur Arbeit fahren können.“