200 Gäste kamen ins Restaurant Alex am Jungfernstieg. CDU-Spitzenkandidat David McAllister warnt in seiner Rede in Hamburg vor anti-europäischen Parteien und warbt gleichzeitig um Stimmen.

Hamburg. David McAllister beugt sich über das pralle Fotoalbum, das ihm ein Besucher hinhält, und staunt: „Das sind ja alles gesammelte Fotos von mir“, sagt er, während er fleißig sein Autogramm auf jeder Seite gibt – es ist der Auftakt der Hamburger CDU zum bevorstehenden Europa-Wahlkampf, Showtime. 200 Gäste sind an diesem Freitagabend ins Restaurant Alex im Alsterpavillon gekommen, drei Stunden plaudern über Europa. Draußen, vor dem Eingang, wehen Palmen, auf der Binnenalster ziehen vor geöffneten Türen Schwäne und Alsterdampfer vorbei. Der Ex-Ministerpräsident von Niedersachsen, nun Spitzenkandidat der CDU für die kommende Europawahl, gibt sich im Untergeschoss entspannt: Er schüttelt Hände von Anhängern, lässt sich mit CDU-Kaffeebechern fotografieren und hält freundlich Small Talk. „Wir kennen uns aus dem Schützenverein“, begrüßt er einen älteren Herren und strahlt. McAllister ist natürlich auch gekommen, um Roland Heintze, Spitzenkandidat der CDU Hamburg für die Europawahl, zu unterstützen.

„Es ist wichtig, dass Hamburg, die zweitgrößte Stadt Deutschlands, weiterhin in der voraussichtlich größten Fraktion im Europäischen Parlament vertreten ist, denn es gibt dort viele Themen, die Hamburg besonders betreffen, etwa die Verkehrs- und Handelspolitik“, sagt McAllister am Rande dem Abendblatt. Dann betritt er die kleine Bühne. Er lächelt, als er über Europa spricht. „Liebe Freunde der CDU und solche, die es noch werden wollen“, beginnt er – Applaus brandet auf. Er redet vom „starken und stabilen Europa“, für das die CDU stehe, von der richtungsentscheidenden Europawahl am 25. Mai und er warnt vor anti-europäischen Parteien. „Wir wollen nicht, dass der Meilenstein der europäischen Integration infrage gestellt wird“, sagt er. Und: Europa dürfe sich „nicht im bürokratischen Klein-Klein verlieren.“ McAllister attackiert auch seinen sozialistischen Kontrahenten, EU-Parlamentspräsident Martin Schulz. Er weist dessen Forderung zurück, Frankreich mehr Zeit für die Einhaltung eines Defizits von maximal drei Prozent einzuräumen. Schulz dürfe die Franzosen nicht aus ihrer Verantwortung entlassen. „Es ist bedenklich, dass Frankreich derzeit dermaßen unter Wert regiert wird.“ Europa brauche eine Phase der gefestigten Zusammenarbeit. „Die Krise ist noch nicht ausgestanden“, sagt er mit Nachdruck, während seine Stimme lauter wird, sein Gesicht ernster – ein Heimspiel an diesem Abend im Restaurant an der Alster. „Ein toller Politiker, der für den Kurs in Europa steht“, schwärmt Christa Timmermann, 73, die mit ihren zwei Freundinnen gekommen ist. Die Damen nicken. Senioren dominieren das Publikum, aber auch junge Leute sind da. Veronika, 23, Medizinstudentin, zum Beispiel. „Wir brauchen Europa“, sagt sie. Und hofft auf gute Wahlbeteiligung.

Doch auch sechs Wochen vor der Europawahl und nach dem Start der meisten Parteien in den Wahlkampf hält sich das Interesse daran bei den deutschen Wählern weiter in Grenzen. Laut dem am Freitag veröffentlichten ZDF-„Politbarometer“ äußern 72 Prozent nur geringes oder gar kein Interesse an der Wahl. Nur 28 Prozent geben an, sich sehr stark oder stark für die Europawahl zu interessieren.

Wäre bereits am Sonntag die Wahl zum Europaparlament, gäbe es bei den Parteien kaum Änderungen. Die CDU/CSU käme weiterhin auf 39 Prozent, die SPD könnte leicht um einen Punkt auf 27 Prozent zulegen, die Grünen würden sich um einen Punkt auf elf Prozent verschlechtern. Die Linke bliebe unverändert bei acht Prozent und die FDP bei drei Prozent. Die eurokritische Partei Alternative für Deutschland (AfD) käme auf sechs Prozent. Die Mehrheit der Deutschen sieht die Eurokrise bei weitem noch nicht überwunden.

Der Spitzenkandidat der konservativen Europäischen Volkspartei für die Europawahl, Jean-Claude Juncker, will die Arbeitsweise der EU-Kommission reformieren. „Wenn ich Kommissionspräsident bin, muss jeder Kommissar, der einen Vorschlag macht, aufzeigen, wie dieser sich sozial- und beschäftigungspolitisch auswirkt“, sagte der frühere luxemburgische Regierungschef dem Magazin „Focus“.