Auch Schleswig-Holsteins Verkehrsminister spricht sich für absolutes Alkoholverbot aus

Berlin. Auf deutschen Straßen kamen im Jahr 2012 bei Verkehrsunfällen unter Alkoholeinfluss 338 Menschen ums Leben. Für fast jeden elften Verkehrstoten in Deutschland war somit Alkohol am Steuer verantwortlich. 18.900 Menschen wurden bei solchen Unfällen verletzt. Zwar geht deren Zahl seit Jahren zurück. Doch nachdem nun die Grünen und die Linke im Bundestag neue Vorstöße zur Einführung einer Null-Promille-Grenze angekündigt haben, macht sich auch der gegenwärtige Vorsitzende der Länder-Verkehrsministerkonferenz für eine Debatte über ein komplettes Alkoholverbot am Steuer stark.

„Es ist einen neuen Anlauf wert, die Diskussion über die Gefährlichkeit von Alkohol am Steuer neu anzustoßen – und zwar unabhängig von der Altersfrage“, sagte der schleswig-holsteinische Wirtschafts- und Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD) dem Abendblatt. Mit dem Verweis auf die Altersfrage spielte Meyer dabei darauf an, dass derzeit in Deutschland nur Fahrer unter 21Jahren (sowie generell Fahranfänger) gar keinen Alkohol getrunken haben dürfen, wenn sie am Steuer sitzen. Für alle anderen gilt die 0,5-Promille-Grenze.

Meyer zeigt sich offen für ein absolutes Alkoholverbot bei allen – und verweist auf sein Bundesland: „Gerade mit Blick auf das Flächenland Schleswig-Holstein würde ich ein Alkoholverbot begrüßen, weil wir hier bei jungen Fahrerinnen und Fahrern das Problem der sogenannten Disco-Unfälle haben.“ Damit meint er Unfälle, die junge Menschen nach dem Disco-Besuch betrunken bauen. Meyers Parteifreundin Kirsten Lühmann, Verkehrsexpertin im Bundestag, steht ebenfalls einer Null-Promille-Grenze aufgeschlossen gegenüber, auch wenn dies nicht im Koalitionsvertrag von Union und SPD vereinbart wurde. Die Zeit sei reif „für den Beginn einer gesellschaftlichen Debatte“ über das Thema, so Lühmann.

Für die Grünen hatte zuvor deren verkehrspolitischer Sprecher Stephan Kühn in der „Saarbrücker Zeitung“ angekündigt, seine Fraktion werde noch vor der Sommerpause einen Antrag auf Gesetzesänderung in den Bundestag einbringen. Es gebe „eine klare gesellschaftliche Akzeptanz“ für eine Null-Promille-Grenze, sagte Kühn. Der gleichen Ansicht ist die Linkspartei. Deren Verkehrsexpertin Sabine Leidig sagte, „dass Menschen nach dem Konsum von Alkohol nicht einschätzen können, ob sie noch ausreichend Reaktionsfähigkeit besitzen, um ein Auto sicher im Verkehr zu steuern“.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft lehnt die Pläne ab. Der Vize-Vorsitzende Hermann Benker sagte der „Bild“, Null Komma null Alkohol im Straßenverkehr sei reiner Populismus: „Das kann schon durch den Konsum vergorener Säfte oder überreifem Obst überschritten werden.“ Er begrüße jedoch die Debatte. Man müsse prüfen, ob die 0,5-Promille-Grenze noch zeitgemäß sei, sagte Benker: „Bei Unfällen werden die Fahrer ohnehin schon ab 0,3 Promille Blutalkohol belangt. Die Diskrepanz zwischen beiden Werten macht keinen Sinn.“